Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Rechtsextreme Hegemonie und die Rolle der Thüringer AfD
Im Untersuchungsausschuss des Landtags steht die Partei von Björn Höcke im Fokus und die Frage: Führen deren Worte zu Taten?
Die Abgeordneten der AfDFraktion hatten am Donnerstag offenbar kein Interesse an den Ausführungen der Sachverständigen im Untersuchungsausschuss des Landtages. Das Gremium, das die politisch motivierte Gewalt der Vergangenheit und Gegenwart beleuchtet, hörte zwei Sachverständige, die insbesondere zur AfD und deren Rolle in einem rechtsextremistischen Hegemonieprojekt sprachen.
Die Partei wird in Thüringen vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisches Beobachtungsobjekt geführt. Was der Sozialwissenschaftler Sebastian Friedrich und der Politologe Gerd Wiegel, er arbeitet für die Linke-Bundestagsfraktion in Berlin, darstellten, war insbesondere eine Zusammenstellung dessen, was in den vergangenen Jahr dazu geführt hat, dass sich in der AfD der völkisch-nationalistische Flügel durchgesetzt hat. Als dessen Führer gilt der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke.
Friedrich betonte die Bedeutung der AfD für Protestaktionen der vergangenen Jahre in ganz Deutschland. „Die AfD bietet eine Plattform, auf der sich die unterschiedlichen Akteure sammeln können“, sagte er und nannte als Beispiel das islamfeindliche Bündnis Pegida in
Dresden. Hier trat nicht nur Höcke mehrfach als Redner auf, in der jüngeren Vergangenheit stand auch mindestens ein weiteres Vorstandsmitglied der AfD auf der Bühne. Durch die Nähe zu Pegida suche die AfD „den Schulterschluss mit der Bevölkerung“. Damit sei sie die erste ernst zu nehmende Partei, die es geschafft habe, nach der NSDAP „eine rechte Sammelpartei“rechts der CDU darzustellen. „Die AfD ist der zentrale Bezugspunkt für das rechte Milieu. Da wo die NPD stark war ist es die AfD heute“, resümierte Friedrich. Der AfD gehe es insgesamt um die Köpfe, das Parlament und die Straße.
Daneben spielte eine zentrale Rolle, dass aus der AfD heraus immer wieder versucht werde, die „Grenzen des Sagbaren“zu verschieben, und stets mit Begriffen aus dem Neonazismus kokettiert werde – als Beispiel wird auch hier wieder Höcke angeführt, der in Erfurt vor einigen Jahren von einer 1000-jährigen Zukunft Deutschlands sprach, die er sich wünsche.
Katharina König-Preuss (Linke) interessierte sich in der Befragung vor allem dafür, ob sich Menschen – ob sie nun der AfD angehören oder nicht – durch Worte motivieren ließen, zu Taten zu schreiten. Bezug wurde dabei auf den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) genommen. Dessen Mörder Stefan E. hatte 2018 für die AfD Wahlkampf gemacht.
Sebastian Friedrich hält diese These mit Blick auf den Mord an Lübcke für diskussionswürdig, stellt aber vor allem fest, dass in der Debatte durch die AfD seit Jahren eine Entmenschlichung stattfindet und sagt: „Das ist ein Einfallstor, um Menschen anzugreifen.“