Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
15 Künstlerporträts und ihr Werk
Sommerpalais Greiz zeigt in Kabinettausstellung ab Sonnabend „Lehmanns Linse – Atelier und Cartoon“
Greiz. Matthias Lehmann aus dem mittelsächsischen Lunzenau ist ein skurriler Zeitgenosse. Auf seinem 1200 Quadratmeter großen Grundstück sammelt er allerlei Merkwürdigkeiten. Unter anderem steht auf der Wiese eine Rangierlok, die nie rangiert und das zum Abriss vorgesehene Wartehäuschen von Obergräfenhain. Es gibt eine Schiffsanlegestelle und einen Verlag, der seit 2008 zwei- bis viermal jährlich die Satirezeitschrift „Lokpfogel“herausgibt. In dieser Zeitung informiert Lehmann, selbstgewähltes Oberhaupt der von ihm gegründeten Kleinstadt Groß-Mützenau, über die Neuigkeiten im Ort und stellt auch Karikaturisten und Cartoonisten vor, die in seinem Bahnhofsgebäude regelmäßig ausstellen.
Denn so wie Groß-Mützenau als Witz auf die sich immer schneller verändernde Gesellschaft und die Reichsbürgerszene zu verstehen ist, so versteht es Matthias Lehmann auch, Karikaturistinnen und Karikaturisten aus ganz Deutschland in seine Stadt zu holen. Und umgedreht fährt er auch zu ihnen in die Ateliers und fotografiert die Künstler genau an jenem Ort, an dem ihre Arbeiten entstehen.
Kürbiskönigin zaubert ein Lächeln ins Gesicht
Wer so dem tiefgründigen Humor zugetan ist und selbst Karikaturen sammelt, wie Matthias Lehmann, der ist auch regelmäßig Gast im Greizer Sommerpalais. Und so kam man einst ins Gespräch und entwickelte gemeinsam eine neue Ausstellungsidee: Lehmanns Fotos aus den Ateliers der Zeichner mit jeweils einem dort entstandenen Blatt aus der Sammlung des Satircums zu
kombinieren. „Porträt, Schreibtisch und Werk zusammen zu zeigen, das ist eine noch nie da gewesene Zusammenstellung“, erklärt Museumsdirektor Ulf Häder und hofft von diesem Samstag an bis zum 16. April auf viele Besucher der neuen Kabinettausstellung „Lehmanns Linse – Atelier und Cartoon“.
15 Künstlerinnen und Künstler sind hier mit Foto und Werk versammelt und eröffnen einen Blick auf die Cartoonlandschaft. Der Berliner
Cartoonist Klaus Vonderwerth (1936-2016) ist mit seiner 1995 gezeichneten Fassung von „Die Erschaffung Adams“von Michelangelo vertreten. Daneben zaubert Petra Kaster aus Mannheim mit ihrer wundervollen Kürbiskönigin ein Lächeln ins Gesicht.
Der Erfurter Cartoonist Nel hat mit seinem treppabwärts rasenden Patienten schon 1999 gefragt, auf welcher Stufe der Gesundheitsreform wir eigentlich sind. Der vielfach
ausgezeichnete Künstler Rainer Ehrt aus Kleinmachnow stellt in seiner aquarellierten Zeichnung „Befruchtung“von 2010 ein Duzend tätowierter und gepiercter Spermien dar, die auf eine Eizelle zusteuern.
Lothar Otto (1932-2019) lässt in seiner Zeichnung das einzige Quadrat Grün auf einer zugepflasterten Betonfläche mittels Überwachungskamera observieren, während der Berliner Cartoonist OL mit
seiner Bilderfolge „Jürgen der Trinker“für herzhafte Lacher sorgen dürfte.
Ein Querschnitt an menschlichen und gesellschaftlichen Themen also, umgesetzt mit verschiedensten künstlerischen Handschriften, die diese kurzweilige kleine Ausstellung vereint. Auf jeden Fall einen Besuch in Greiz wert.