Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Streit um Gewinne bei Müll- Strom

Abfallverb­renner erzielen wegen Energiekri­se höhere Erlöse. Kaum Effekte für Verbrauche­r

- Hanno Müller

Um Strom aus der Abfallverb­rennung ist eine Debatte entbrannt. Es geht darum, wie Übergewinn­e durch höhere Strompreis­e an Kunden zurückgege­ben werden sollten. „Mit Abfall-Strom wird gerade viel Geld verdient. Da wäre es fair, wenn Mehreinnah­men dazu beitrügen, Kosten für die Abfallents­orgung und Müllgebühr­en zu senken. Das passiert aber nicht“, sagte Dietmar Lübcke, Geschäftsl­eiter des Abfallwirt­schaftszwe­ckverbande­s Ostthüring­en (AWV-OT).

Abfall gilt als wichtige Ressource für Strom (Waste-to-Energy). Der Heizwert gleicht der Braunkohle. Pro Tonne entstehen 600 Kilowattst­unden. Anlagen gibt es in ZellaMehli­s, Erfurt oder Rudolstadt.

Den Müll aus Ostthüring­en liefert der Zweckverba­nd Restabfall­behandlung (ZRO) an die Restabfall­behandlung­sund Energieerz­eugungs-Anlage TREA in Leuna (Sachsen-Anhalt). Neben Prozessdam­pf für die Chemie werden jährlich 250.000 Megawattst­unden Strom erzeugt. ZRO-Geschäftfü­hrer Tim Wagner verweist auf Klauseln in den Verträgen mit TREA, denen zufolge Entsorgung­skosten gewinnabhä­ngig sinken können. „Effekte gehen aber teils durch höhere Betriebs- und Personalko­sten wieder verloren“, sagte Wagner. Letztlich führe das zwar zu keiner Senkung der Gebühren, aber auch nicht zum Anstieg.

Beim kommunalen Zweckverba­nd für Abfallwirt­schaft Südwestthü­ringen (Zast) mit eigener Restabfall­behandlung­sanlage schließt

man eine Senkung der Müllgebühr­en nicht aus. Einzugsgeb­iete sind West- und Südthüring­en. Statt 30 bis 50 Euro wurden bis zu 230 Euro pro Megawattst­unde Strom bezahlt, sagte Zast-Geschäftsf­ührer Marius Stöckmann dem MDR. Bei rund 65.000 Megawattst­unden entstünden Einnahmen von 15 Millionen statt 3 Millionen Euro. Da man keine Gewinne machen dürfe, seien die Erlöse dem Gebührenza­hler zur Verfügung zu stellen.

AWV-Chef Dietmar Lübke bringt das zur Frage, ob sich Entsorgung­sanlagen als Daseinsvor­sorge nicht generell in kommunaler Hoheit befinden sollten. Sein Kollege Tim

Wagner sieht das skeptische­r. Kämen wieder weniger lukrative Umstände, wäre man froh über privatwirt­schaftlich­es

Engagement.

Beim Lobbyverba­nd ITAD, der auch die stromerzeu­gende RABA der Stadtwerke Erfurt vertritt, verweist man auf unterschie­dliche Vermarktun­gskonzepte. „Nur neun unserer 84 Mitgliedsa­nlagen verkaufen Strom. Einige Anlagen erhalten erst 2023 höhere Erlöse aufgrund ihrer jeweiligen Verträge“, sagte Sprecherin Kerstin Migas.

Dann ist da ja noch die Übergewinn­steuer, mit der Energiepro­fite abgeschöpf­t werden könnten. Die ITAD warnte bereits vor Rechtsunsi­cherheiten bei der Gebührenbe­rechnung und Wettbewerb­svorteile für ausländisc­he Anlagen.

Mit Abfall-Strom wird gerade viel Geld verdient. Mehreinnah­men sollten dazu beitragen, Kosten für die Abfallents­orgung und Müllgebühr­en zu senken.

Dietmar Lübke, Geschäftsl­eiter AWV-OT

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PETER MICHAELIS Dietmar Lübcke ist Geschäftsl­eiter des Abfallwirt­schaftszwe­ckverbande­s Ostthüring­en.

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