Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Spuk und Spaß in der Nacht
Geschichten vom Schleizer Dreieck: Wenn es während des Rennwochenendes auch nach Sonnenuntergang ordentlich zur Sache geht
Die als risikofreudig bekannten Motorradrennfahrer der 1930er-Jahre hatten nur wenig Scheu, sich während der Rennwochenenden gepflegt die Zeit zu vertreiben. An den Abenden ging es in geselliger Runde hoch her. Der Spaß durfte nie zu kurz kommen. Die gestandenen Herren zeigten sich im Umgang untereinander nur wenig zimperlich – wussten aber auch die schönen Dinge des Lebens zu genießen.
Eine Tageszeitung beleuchtete in einem Sonderbericht die damals nicht unüblichen nächtlichen Aktivitäten der einfallsreichen Rennfahrer
während des Dreieckrennens im sonst verträumten Schleiz:
„Im Cafe Central sammeln sich allabendlich zahlreiche Beteiligte. Der Besitzer lässt, wenn die Stimmung etwas gestiegen ist, sein Goldenes Buch herumgehen. Und dann sollen sich die Fahrer mit irgendeinem sinnigen Spruch dort eintragen. Von den vergangenen Jahren stehen Unterschriften von Rüttchen, Bauhofer, Gratz und Soenius. Bernd Rosemeyer schrieb im vorigen Jahr: Es war hier fabelhaft und ich komme bestimmt wieder. Was er ja auch getan hat. Ernst von Delius hingegen, der Wagenfahrer, scheint mit Schleiz nicht zufrieden zu sein und besingt stattdessen die schönen Frauen an der Mosel. Und im Übrigen war man guter Dinge. Im Erbprinz hocken Schneider, Rüttchen und Soenius beim Skat, während Fritz Wiese, der Gummimann aus Hannover, den ein oder anderen Helferdienst leistet. Nur der kleine Karbstein aus Düsseldorf wird bedauert.
Wie viele Witze musste er schon über sich ergehen lassen? Am Samstag stand er am Marktplatz und lehnte ganz geknickt an einer Mauer. Er ist nämlich einquartiert bei einem Oberpfarrer. Und das finden seine Kameraden zu nett. Spät nachts gibt es in den Schleizer Hotels viel Spaß. Rennfahrer lieben es nämlich, ihre Kameraden ein bisschen zu ärgern. Betten, die auseinanderfallen, wenn Soenius sich hinlegt, sind noch harmlos. Erfrischender sind schon Wasserduschen, die nachts um 12 Uhr unvermutet aus Kannen herunterstürzen. Oder aber Türen, die aus den Angeln gehoben, leicht umzufallen drohen. Wenn dann eine Sache geklappt hat, dann erschallt irgendwo lautes Gelächter, dann irgendwo rasches Laufen, eine Flucht über Dächer, dann finstere Ruhe. Und wenn der Wirt am nächsten Morgen den überschwemmten Korridor sieht, und wenn er sich dann die Rennfahrer vornimmt, dann ertönt es wie aus einem Munde: Ich bin es bestimmt nicht gewesen.“