Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Schornsteinfeger wird unfreiwillig Glücksbringer fürs Tierheim
Aus dem Gerichtssaal: Aufgrund eines offensichtlichen Missverständnisses wurden in 15 Fällen unbefugt Feuerstättenbescheide erstellt
Ein Schornsteinfeger wird zum unfreiwilligen Glücksbringer für das Tierheim in Schleiz. Denn dieser muss 5000 Euro an die Einrichtung überweisen.
Amtsanmaßung in 15 Fällen sowie Betrug und versuchten Betrug warf die Staatsanwaltschaft dem 47jährigen Essenkehrer aus Halle vor. Denn obwohl ihm mit Bescheid vom 30. September 2020 die Aufhebung seiner Bestellung als bevollmächtigter Schornsteinfeger im Saale-Orla-Kreis mitgeteilt worden war, hatte er anschließend insbesondere im Raum Tanna und Gefell weiterhin Feuerstättenbescheide erstellt und dafür Geld kassiert. Was Staatsanwältin Saskia Stern besonders missfiel: Erst im November 2019 war der Mann wegen Betrugs verurteilt worden.
Doch der schlimme Tatvorwurf sollte bei der Beweisaufnahme im Bad Lobensteiner Amtsgericht schnell entkräftet werden. „Dass mein Mandant gekehrt hat, steht außer Frage“, räumte Verteidiger Jens Stiehler sofort ein. Das sei jedoch aus einem Missverständnis heraus geschehen. Denn gegen den Aufhebungsbescheid wurde geklagt und zudem die Anordnung einer aufschiebenden Wirkung beantragt. Als dem Schornsteinfeger schließlich am 27. Oktober der Beschluss
des Verwaltungsgerichts Gera zugestellt wurde, wonach der Antrag abgelehnt worden ist, habe dieser auch sofort diese Tätigkeit beendet. Dies fand das Gericht anhand der vorliegenden Rechnungen auch bestätigt. Zudem hatte der Angeklagte umgehend das nach Aufhebung seiner Bestellung eingenommene Geld zurückgezahlt. „Ich hatte ja für alle Tätigkeiten Rechnungen erstellt“, erklärte der Angeklagte, dass es geradezu „töricht“wäre, dies zu tun, wenn ihm klar gewesen wäre, dass er diese Arbeit gar nicht mehr ausüben dürfe. „So viel Dummheit gibt’s wirklich nicht“, stimmte ihm Richter Jürgen Leitloff zu.
Seitens der Staatsanwaltschaft wurde auf einen wichtigen Satz verwiesen, der sich in dem Aufhebungsbescheid befand: „Bis 16. Oktober 2020 ist das Kehrbuch abzugeben.“Dieses Kehrbuch ist quasi die Legitimation für einen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger. Gleichwohl ergab die Hauptverhandlung, dass der Angeklagte aufgrund eines Missverständnisses seine Tätigkeit weiter ausgeführt hatte. Es erging daher mit Einverständnis aller Prozessbeteiligten der Beschluss, das Strafverfahren vorläufig einzustellen. Wird die Geldauflage erfüllt, bis Ende August 5000 Euro an das Tierheim Schleiz zu zahlen, ist der Prozess beendet.