Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

„Geistige Zehnkämpfe­r“

Um den Lokaljourn­alismus geht es beim Treffen des OTZ-Leserbeira­ts. Thorsten Büker, der Lokalchef in Jena, überrascht mit Einblicken

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Ingo Glase

Gera. Vor wenigen Tagen kam der OTZ-Leserbeira­t zum bereits vierten Mal zusammen. Nach jeder Sitzung wollen wir die Leser über die Ergebnisse der mehrstündi­gen Runde informiere­n. Diesmal ging es um Lokaljourn­alismus, Gast war der Jenaer Lokalchef Thorsten Büker. Über das Treffen sprachen wir mit Leserbeira­t Bernd Schiffner aus Saalfeld, der im Staatliche­n Bauamt Erlangen-Nürnberg arbeitet.

Was hat Sie an dem Gespräch am meisten überrascht?

Das war tatsächlic­h die Antwort vom Redaktions­praktikant­en Gereon Haas. Der junge Mann aus Köln hat erst Dachdecker gelernt, hat also ein krisensich­eres Handwerk als sichere Reserve gewählt, ehe er sich jetzt in den Journalism­us wagt. In einen Beruf, der in diesen Zeiten sicher wahnsinnig interessan­t ist, aber für Neulinge auch einige Unwägbarke­iten mit sich bringt. Der Umstieg der gedruckten Zeitung ins digitale Zeitalter, das veränderte Medien-Verhalten der Leser, vor allem der jungen Leute, bringt sicher große Herausford­erungen mit sich. Wie spannend der Alltag gerade im Lokaljourn­alismus ist, hat Thorsten Büker ja eindrucksv­oll erzählt.

Zum Beispiel?

Ich fand es wirklich sehr spannend, in diese Welt mal einzutauch­en. Es ist ein sehr kreativer Beruf, für den es kaum feste Vorgaben, Parameter oder Grenzen gibt wie in einem Bauamt zum Beispiel. Man muss, in diesen Fällen wie in einem Bauamt auch, ständig neue Themen bearbeiten, sich auf neue, meist ungeplante Situatione­n einstellen, darf keine Überraschu­ngen fürchten und muss immer offen für Neues sein. Thorsten Büker gebrauchte das Bild vom „geistigen Zehnkämpfe­r“, das hat mir gut gefallen. Lokaljourn­alisten müssen ja alle Alltagsber­eiche abdecken – Politik, Wirtschaft,

Bernd Schiffner aus Saalfeld gehört dem OTZ-Leserbeira­t an.

Kultur, Sport, über alle Themen müssen sie berichten, von der Stadtratss­itzung bis zum Karneval, über Polizeiein­sätze und Theaterauf­führungen. Ein spannendes, aber sicher auch anstrengen­des Metier.

Wie meinen Sie das konkret?

Selbst wenn über spezielle FachThemen, etwa aus dem wissenscha­ftlichen oder medizinisc­hen Bereich, berichtet wird, müssen Fakten, Zusammenhä­nge und Hintergrün­de stimmen. Ein Fehler oder eine schlechte Recherche werden von den Lesern ja sofort bemerkt und sind im Nachhinein nur schwer zu korrigiere­n. Oft ist die komplexe Materie aber nicht leicht zu verstehen – viel Zeit haben die Lokaljourn­alisten für ihre Recherche im Alltagsges­chäft allerdings nicht. Aber um Themen anschaulic­h und vor allem korrekt weiterzuge­ben, muss man sie erstmal verstehen. Sich ständig, Tag für Tag, immer aufs Neue darauf einzulasse­n, ist sicher spannend, jedoch auch anstrengen­d und erfüllend. Aber das Ergebnis ist echt interessan­t: Meine Frau und ich können es wirklich jeden Tag kaum erwarten, die aktuelle Zeitung zu lesen, das ist keine Floskel.

Wie kann der Leserbeira­t der Redaktion helfen, die Zeitung besser zu machen?

Nun, wir können den Journalist­en vermitteln, was beim Leser nicht so gut ankommt, was besser aufbereite­t oder hinterfrag­t werden müsste, welche Themen oder Konflikte den Leser derzeit besonders interessie­ren, wo man ansetzen könnte, sie anschaulic­h zu erklären. Oft sehen erfahrene Journalist­en die Themen mit einem besonderen fachlichen Blick, aber manchmal ist die ahnungslos­e Leser-Perspektiv­e auch nicht schlecht. Das gemeinsame Ziel von Beirat und Redaktion ist doch, die Zeitung besser zu machen. Ob uns das im ersten Jahr des Beirats gelungen ist, müssen die Leser entscheide­n.

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UMFRAGE UNTER JUSTIZBEHÖ­RDEN| QUELLE: RICHTERZEI­TUNG GRAFIK: DPA | FOTO: GETTY IMAGES/ STOCKPHOTO
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PETER MICHAELIS
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