Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Gepflegte Füße in den Sandalen
Podologie der Awo Saale-Orla zieht um und verringert Leerstand in der Pößnecker Stadtmitte
Der Leerstand im Stadtzentrum ist ein immer wieder gern angestimmtes Pößnecker Klagelied. Nun, gerade wird es quasi eine Strophe kürzer.
Die Arbeiterwohlfahrt Saale-Orla richtet nämlich in einer leerstehenden Etage des Wohn- und Geschäftshauses Straubelstraße 10 eine Außenstelle ihrer multidisziplinären Praxisgemeinschaft beziehungsweise eine neue Podologie ein, weil diese Einheit in ihren jetzigen Räumlichkeiten im Awo-Haus Schlettweiner Steig 5 aus allen Nähten platze. Die Zahl der Behandlungszimmer werde von jetzt zwei auf künftig fünf erhöht, zugleich steige die Zahl der Podologinnen auf fünf. Die Fläche der neuen Praxis, zu welcher auch ein Empfangsbereich, eine Instrumentesterilisation und ein Personalaufenthaltsraum gehören, verdreifache sich nahezu im Vergleich zur alten. In die Erweiterung will die Awo Saale-Orla bis zu 50.000 Euro investieren.
Fußpflegebedarf schon immer groß und weiter zunehmend
Die Podologie gehört erst seit 2021 zum Leistungsspektrum der Praxisgemeinschaft. Im neuen Ambiente mit teils herrlichem Ausblick für die Patienten werden ab 22. April Füße gepflegt. Weil der Terminkalender einfach voll sei, werde zunächst auf einen Tag der offenen Tür oder Ähnliches verzichtet. „Wir holen das aber mal nach“, sagt die Praxisgemeinschaftsleiterin Doina Skupin.
Drei Fachkräfte und eine Auszubildende würden aktuell 400 bis 450 Therapien pro Monat leisten. Künftig soll mehr Menschen und auch schneller geholfen werden.
Die meisten Patienten würden
sich vor dem Hintergrund diabetischer oder aber neurologischer Erkrankungen wie Sensibilitätsstörungen mit einem Rezept in der Praxis melden. Hinzu kämen Selbstzahler, die beispielsweise im Sommer gepflegte Füße in den Sandalen haben wollen. Die Zahl der Frauen und Männer auf den Behandlungsstühlen sei mittlerweile in etwa gleich. Das Gros der Patienten sei zwar Ü60, wie Doina Skupin überschlägt, man therapiere aber auch Kinder mit eingewachsenen Nägeln, welchen in solchen Fällen etwa eine Nagelspange verpasst wird.
Woher kommt der scheinbar plötzliche große Fußpflegebedarf? „Dieser Bedarf war schon immer riesig, es gab nur kein Bewusstsein dafür“, antwortet Doina Skupin. Sowohl bei Ärzten als auch bei Betroffenen
hätten Fußleiden heute einen höheren Stellenwert als früher. Es sei davon auszugehen, dass die Podologie-Nachfrage durch das immer höhere Alter der Menschen und durch immer komplexere Krankheitsbilder weiter zunehmen werde. Wer eine Behandlung beginne, müsse sie meist bis ans Lebensende führen, sonst verschlechtere sich der Gesundheitszustand ja wieder. Für die neue Praxis sei ein späterer zusätzlicher Erweiterungsbedarf jedenfalls schon einkalkuliert.
Den Erfolg speziell der Awo-Podologie erklärt Doina Skupin zum einen mit den hauseigenen Qualitätsund Servicestandards, zum anderen mit der relativ geringen Zahl entsprechender Anbieter. Die AwoFußpflegerinnen würden Patienten
von Triptis bis Unterwellenborn und von Kahla bis Knau begrüßen. Man warte aber nicht nur, dass jemand kommt, man suche auch gehschwache Patienten in mehreren Pflegeheimen auf. Die neue Praxis ist dank eines Aufzuges barrierefrei.
Was geschieht mit den frei werdenden Räumlichkeiten im Schlettweiner Steig 5? „Da wollen wir eine Narbentherapie einrichten“, sagt Doina Skupin. Grundlagen in diesem Bereich seien schon gelegt, jetzt wolle man sich fachlich breiter aufstellen. „An Ideen mangelt’s uns nicht“, fügt sie lachend hinzu.
Die Awo-Praxisgemeinschaft für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Podologie wurde 1997 mit zwei Mitarbeiterinnen eröffnet und seither immer wieder erweitert. Aktuell zähle sie 29 Beschäftigte.