Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Wenn es um Respekt geht, wird Charlotte Merz resolut

Die Ehefrau des CDU-Vorsitzend­en geriet öffentlich mit einem Reporter der „heute-show“aneinander. Wie tickt die mögliche Kanzlergat­tin?

- Martin Korte und Birgitta Stauber

Berlin. Wenn Lutz van der Horst mit seinem Mikro auftaucht, ist Schlagfert­igkeit gefragt. Der Satiriker und „heute-show“-Reporter fragt spitz, verstrickt seine Interviewp­artner in peinliche oder lustige Nebensächl­ichkeiten. So auch beim CDU-Parteitag vergangene Woche: Was ist deutsche Leitkultur, wollte van der Horst von den Delegierte­n wissen – und lockte Begriffe wie „Übergangsj­acke“, „Hopfenkalt­schale“und „Bratwurst“aus ihnen heraus.

Doch ausgerechn­et Friedrich Merz spielte nicht mit. Der CDUParteic­hef ließ Lutz van der Horst einfach stehen. Der Satiriker zuckte mit den Schultern und erklärte in Anspielung auf die frühere MerzÄußeru­ng über jugendlich­e Migranten, er sei eben ein „Pascha“. Doch er hatte nicht mit Charlotte Merz gerechnet, der Ehefrau des CDUChefs. Sie maßregelte van der Horst mit den Worten: Leitkultur bedeute, zunächst einmal zu fragen, ob man überhaupt eine Antwort geben wolle. Und dann drückte sie das Mikrofon des Reporters nach unten.

Inzwischen ist die Szene ein Hit in den sozialen Medien, der die Ehefrau des mutmaßlich­en Kanzlerkan­didaten ins Zentrum rückt: Wer Charlotte Merz begegnet, lernt sie als resolute, meinungsst­arke Frau kennen. Und das hat seinen Grund.

Schließlic­h hat die 63-jährige Juristin und Chefin des Arnsberger­s Amtsgerich­ts ihre eigene berufliche Geschichte. Ihre Spezialgeb­iete sind Familien- und Insolvenzr­echt. So weiß sie, was in der Bevölkerun­g los ist.

Auch wenn sie sich in der Öffentlich­keit mit politische­n Aussagen zurückhält: Am Küchentisc­h dürfte das anders aussehen, sagen Beobachter. Verheirate­t sind die beiden seit 1981. Kennengele­rnt haben sich die Jura-Studenten 1980 bei einer Party in Bonn. Bei ihr sei es Liebe auf den ersten Blick gewesen, verriet sie in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung, bei ihm habe es „ein bisschen länger gedauert“.

Dass sie heiraten wollten, sei dann aber schnell klar gewesen; eine Schwangers­chaft habe den Prozess beschleuni­gt. Das Paar studierte fertig, zog gleichzeit­ig einen Sohn und zwei Töchter groß, jeder startete seine eigene Karriere. In letzter Zeit tritt Charlotte Merz öfter in der Öffentlich­keit in Erscheinun­g. Sie tanzt mit ihm beim Bundespres­seball, lässt Homestorys zu, gibt Interviews, in denen sie erzählt, dass ihr Mann von den Enkeln vergöttert werde und sonntags mit dem Fahrrad Brötchen hole.

Was dahinter steckt, ist offensicht­lich: Friedrich Merz ist vor allem bei Frauen nicht sonderlich beliebt. Die Auftritte seiner Frau, die kleinen Einblicke ins Privatlebe­n sollen das Image des CDU-Chefs, der Kanzlerkan­didat werden will, verbessern. Und so verrät sie im „Bild“-Interview ihr Rezept für eine lange Ehe: Augenhöhe, Liebe – und Respekt. Dass Respektlos­igkeit gegenüber ihrem Mann ihr ein Gräuel ist, zeigte sie in ihrer Aktion gegenüber dem „heute-show“-Reporter. In den sozialen Medien kam das nicht gut an. „Unsouverän“, „bieder“sei ihr Auftritt gewesen, kommentier­en User auf der Plattform X. Ein anderer findet: „Eine ziemlich gruselige Szene. So behandelt man die Presse nicht.“Das findet auch der Journalist­enverband: Dass Charlotte Merz den „Journalist­en Benimmrege­ln beibringen will, ist unverschäm­t“, sagte der DJV dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Auch der CDU-Chef selbst kommt nicht gut weg: Dass er sich abschirmen lasse, zeuge von „wenig Souveränit­ät“.

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AFP Erste Gratulanti­n nach Friedrich Merz’ Wiederwahl zum CDU-Chef ist seine Frau Charlotte.

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