Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Viele Kliniken fehlen bei Vergleichsportal
Nur die Hälfte der Thüringer Einrichtungen stellt sich dem Krankenhausspiegel. Gutes Zeugnis für Geburtskliniken.
Erfurt. 26 Fachabteilungen für Geburtshilfe gibt es an Thüringer Kliniken, 16 von ihnen gehören zu den Häusern, die Behandlungsdaten im Krankenhausspiegel des Landes veröffentlichen. „Damit schaffen wir für werdende Eltern Transparenz und Vertrauen, welche Bedingungen sie bei der Geburt ihres Nachwuchses an den Standorten erwarten“, sagte Gesundheitsministerin Heike Werner (Die Linke) gestern.
Im Krankenhausspiegel legen Krankenhäuser ihre medizinischen Qualitäten zu besonders häufigen oder komplizierten Behandlungsgebieten offen. Gestartet war das Portal 2014 mit 18 Kliniken, inzwischen ermöglichen 23 der insgesamt 42 Thüringer Häuser den Vergleich ihrer Ergebnisse. Erstmals finden Patienten dort nun auch Informationen aus dem Bereich der Versorgung von Frühgeborenen und kranken Neugeborenen (Neonatologie).
„Während vor 50 Jahren noch 90 Prozent der stark untergewichtigen Frühgeborenen verstarben, sind es heute weniger als fünf Prozent“, sagte Robert Kästner, Chefarzt und Neonatologe in der Saalfelder AgricolaKlinik. Die Grenze zur Lebensfähigkeit liege bei 23 Schwangerschaftswochen. Von 17 000 Neugeborenen im Jahr 2015 wurden 2700 Babys neonatologisch behandelt.
Eltern könnten sich in Thüringen über gute Ergebnisse der Krankenhäuser freuen, so die Experten. 2015 sei im Land keine einzige Mutter bei der Geburt verstorben, bundesweit waren es 20 Todesfälle. Mütter und Säuglinge würden sowohl vorbeugend als auch geburtsbegleitend vor Infektionen geschützt. „In Thüringen erhalten nahezu alle Mütter mit vorzeitigem Blasensprung schnellstens Antibiotika, bundesweitweit liegt die Quote bei 91 Prozent“, sagte Ulrich Köhler, Chef-Gynäkologe am Kreiskrankenhaus in Greiz. Vor allem die Begleitung der Geburten durch Familienmitglieder stelle die Mediziner im Kreißsaal vor große Herausforderungen.
Laut Krankenhausspiegel ziehen die Thüringer Kliniken Normalgeburten dem Kaiserschnitt vor. „Kinder, die durch den Geburtskanal kommen, entwickeln sich besser. Zudem drohen bei der Sectio Komplikationen wie Infektionen, Verletzungen oder Darmverschluss“, so Köhler. In den Kreißsälen sei man aber auf eventuelle Notschnitte gut vorbereitet.
Der Krankenhausspiegel ist freiwillig. So setzen die Helioskliniken statt dessen weiter auf ihr eigenes Qualitätsmanagement IQM. Vergleiche der Systeme seien kaum möglich, man sei aber von der besseren Allgemeinverständlichkeit des Krankenhausspiegels für Patienten überzeugt, hieß es gestern.
Bei der Landeskrankenhausgesellschaft erwartet man sich von den Qualitätsdaten auch Maßstäbe für die künftige Entwicklung der Krankenhaus-Versorgung in Thüringen. „Ausschlaggebend für die Berechtigung von Kliniken sollten nicht nur die Arztquote, sondern auch Behandlungsleistungen und Qualität sein“, sagte dazu Geschäftsführer Rainer Poniwaß.