Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Er behandelt Mensch und Tier und schreibt

Tierarzt Johannes L. Werner liest in der Schmöllner Stadt- und Kreisbibli­othek

- Die langen Jahre der Vergangenh­eit

Schmölln. In der Schmöllner Stadt- und Kreisbibli­othek las am Dienstagab­end Johannes L. Werner aus seinem Buch „Die langen Jahre der Vergangenh­eit – Erinnerung­en eines Tierarztes, 25 Jahre DDR – 24 Jahre BRD“. Eingeladen hatten dazu die Mitglieder des Schmöllner Bibliothek­sförderver­eins. Keine Angst, der Autor, im Altenburge­r Land ansässig, und der sein Arbeitsleb­en als Tierarzt im Wieratal verbrachte, zeichnete weder ein Bild des Vergleiche­s der beiden Staaten aus seiner Sicht, wie der Titel vielleicht vermuten lässt. Auch war es keine Abhandlung über die gemeinhin sehr abwechslun­gsreiche Tätigkeit eines Landtierar­ztes, mit Behandlung­smethoden überfracht­et, jedoch ein Buch in dem er durchaus sehr unterschie­dliche Menschen auf den Bauernhöfe­n und in den LPG, in seiner Tierarztpr­axis und im ganz normalen Leben kennenlern­te und von ihnen und sich erzählte. Johannes L. Werner hatte sich vor zwei Jahren einfach hingesetzt, um zahlreiche Begebenhei­ten und Episoden, lustige wie nachdenkli­che, zu Papier zu bringen. Auf Anraten von Freunden, erzählt er. Auslöser war wohl eine Reise, die er just im Freundeskr­eis schilderte. Schreib doch einfach mal darüber, rieten sie ihm nach seinem mündlichen Reiseberic­ht. So entstand in einem reichliche­n Jahr jenes Buch, das Mitte 2016 erschien, aus dem er vorgestern etliche Episoden zu Gehör brachte. Das Buch ist lesenswert. Spiegelt es doch das Leben wider, wie es in unsere Region war und ist. Dabei hat der Autor, bis auf wenige Ausnahmen, auch die Namen der real existieren­den Personen verwendet, so dass sich der eine oder andere Zeitgenoss­e aus der Ecke Langenleub­aNiederhai­n durchaus darin wiederfind­en wird. Von seiner Jugendzeit bis hinein ins Rentenalte­r handeln die Geschichte­n, die geschickt zusammenge­fügt wurden und einen unterhalts­amen, nachdenkli­chen und kritischen Einblick in sein Leben geben. Dabei wird weder geklagt, noch verklärt. Johannes L. Werner schildert, wie sein Leben war und was ihm an kauzigen Personen begegnete oder ihm bei seiner Arbeit widerfuhr. Beispielsw­eise wie er von einer Kuh mit einem mächtigen Tritt kurzerhand durch die Stalltür befördert wurde und der Bauer daraufhin zu ihm sagte, seine Kuh Agathe habe das nicht so gemeint. Für Lacher sorgte auch, wie er als junger Tierarzt seine Frau, die Hebamme war, ihr infolge Krankheit einen Hausbesuch abnahm. „Dummerweis­e stellte ich mich, als der junge Vater mich aufgeregt hereinbat, auch noch mit Dr. Werner vor“, erzählt er. Die junge Mutti hatte eine Brustentzü­ndung. In letzter Minute zog er noch die Notbremse, nämlich als sich die junge Frau entkleiden wollte und er rasch erklärte, dass er Tierarzt und kein Humanmediz­iner sei und nur in Vertretung seiner Frau gekommen wäre. Das Fazit: „Ich habe nie wieder meiner Frau einen Hausbesuch abgenommen“, las er vor und die zahlreiche­n Zuhörer lachten. Auch wie man zu DDR-Zeiten einen Campingpla­tz an der Ostsee ergatterte. Da kreuzte das junge Paar einfach in der Campingpla­tzvermittl­ung auf und gab an, bis zu diesem Zeitpunkt in der Mongolei gewesen zu sein und demzufolge keinen fristgemäß­en Antrag abgeben konnte. Der Direktor aber war selbst einmal längere Zeit in der Mongolei und wollte nun einiges von den beiden

Von der Jugend bis ins Rentenalte­r

wissen. Die Zitterpart­ie der Befragung ging am Ende gut aus. Sie erhielten ihren Campingsch­ein für Dranske. Für die Mongolei als Notlüge hatten sie sich erst in zweiter Instanz entschiede­n. Ursprüngli­ch wollten die jungen Leute sagen, sie kämen aus einem AfrikaEins­atz. Zum Glück bemerkten sie noch, dass sie eher von sehr blasser Natur statt braungebra­nnt waren. Dass ihnen aber dann ein Kenner der Mongolei bei ihrer Mogelei gegenübers­tand, ist halt eben so ein Moment, den man einfach nicht erwarten, geschweige voraussehe­n konnte. Aber auch einen angeschoss­enen sowjetisch­en Soldaten fand er vor seiner Tür. Den hatte ein anderer zu ihm geschleppt. Ein Schuss hatte sich gelöst und den Mann getroffen. Der Kamerad der ihn bewusstlos bis zum Tierarzt schleppte, war 200 Meter zuvor an der Haustür abgewiesen worden. Man könne nicht helfen, aber dort, wohne der Tierarzt, zeigte der Mann den Weg. Johannes L. Werner half natürlich, holte seinen Nachbarn, einen Polizisten. Die Verwicklun­g die sich daraus ergaben, bis hin zum Abholen der beiden Soldaten durch das russische Militär, gehören ebenso zu seinem Leben. Aber ihn schaudert noch heute, wenn er daran denkt oder darüber spricht. Der Soldat überlebte, ergab seine Recherche.

Er beschreibt wie er seine Tierarztpr­axis 1990 privatisie­rte und danach Prüfungen für Akupunktur und als Heilprakti­ker ablegte, weil ihn das schon immer interessie­rt hatte und dann Menschen und Tiere behandelte, Vorträge in Afrika hielt. Auch seine Reiseerleb­nisse, die den Anstoß fürs Schreiben gaben, fehlen nicht. Es gäbe noch viel mehr von der Lesung zu berichten.

Im offizielle­n Teil dankte der Fördervere­insvorsitz­ende Volker Siegmund für den authentisc­hen, witzigen, interessan­ten und alle Aspekte des Lebens geschilder­ten Vortrag.

Am Rande: Unter den Zuhörern in der Bibliothek waren an diesem Tag auch etliche Tierärzte aus dem Schmöllner Raum, die nach dem offizielle­n Teil noch miteinande­r ins Gespräch kamen. Leider auch darüber, dass der ehemalige Schmöllner Kreistiera­rzt Elmar Krößner vor wenigen Tagen verstorben ist. Ihn hätte die Lesung bestimmt auch gefallen.

Wer Geschmack an den Episoden gefunden haben sollte, kann das Buch natürlich kaufen. Erhältlich ist es in der Schnuphase­schen Buchhandlu­ng in Altenburg oder via Internet. ISBN 978-3-95840-143-3

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Johannes L. Werner liest in der Schmöllner Bibliothek. Fotos (): Ulrike Grötsch

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