Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Geraer Premiere für den „Hauptmann von Köpenick“
Stück wird nur dreimal gespielt
Gera. Bernhard Stengeles medial vielbeachtete Inszenierung von Carl Zuckmayers Stück „Der Hauptmann von Köpenick“mit Ouelgo Téné in der Titelrolle erlebt nach großem Erfolg in Altenburg nun am Freitag, 12. Mai, um 19.30 Uhr seine Geraer Premiere im Großen Haus der Bühnen der Stadt. Neben der Premiere wird es nur zwei weitere Vorstellungen geben: am Samstag, 13. Mai, 19.30 Uhr, und am Dienstag, 16. Mai, 18 Uhr. Die Inszenierung wird in der kommenden Spielzeit nicht mehr zu sehen sein.
Hauptdarsteller Ouelgo Téné aus Burkina Faso, seit 2012 bei Theater und Philharmonie Thüringen engagiert, kann sich damit noch einmal in einer ganz besonderen Rolle dem Publikum präsentieren, bevor er das Theater im Sommer 2017 auf der Suche nach neuen Herausforderungen verlassen wird. Gleichzeitig gibt diese Besetzung dem Stück eine aktuelle politische Dimension, wie Bernhard Stengele betont.
Carl Zuckmayers (1896-1977) Stück wurde 1931 veröffentlicht und in der Weimarer Republik mit großem Erfolg gespielt. Erzählt wird die wahre Geschichte des Wilhelm Voigt, der als 18Jähriger wegen Betrugs für 15 Jahre im Knast, ohne Papiere nicht wieder in der Gesellschaft Fuß fassen kann. Nach misslungenem Einbruch ins Passamt, wo er sich mit gefälschten Papieren eine neue Identität verschaffen wollte, wieder zehn Jahre eingesessen, greift er, um endlich einen Platz für sich auf dieser Erde zu finden, zu einer List: Seine spektakuläre Besetzung des Rathauses von Köpenick bei Berlin, in das er am 16. Oktober 1906 als Hauptmann in einer Uniform vom Trödler mit einem Trupp gutgläubiger Soldaten eindrang, den Bürgermeister verhaftete und die Stadtkasse raubte, rückte die Ungerechtigkeit in der Gesellschaft in grellstes Licht. Über seine Verzweiflungstat, die nur dank der Uniform- und Autoritätsgläubigkeit der Deutschen gelingen konnte, lachte ganz Deutschland.
Zuckmayer hat durch die Verwendung des Berliner Dialekts eine Milieustudie gezeichnet, die die Sorgen und Nöte der Menschen am Rande der Gesellschaft aufzeigt. Wilhelm Voigt ist ein Hochstapler wider Willen, ein einfacher Mann, der ein wenig auf die schiefe Bahn geraten ist und nun vergeblich seinen Platz in der Welt sucht. Zugleich parodiert das Stück die Oberflächlichkeit der Gesellschaft und die Unzulänglichkeiten des bürokratischen Systems, in dem ein Stück Papier definiert, welchen Wert ein Menschenleben hat und ein mit Orden dekorierter, maßgeschneiderter Stoff seinem Träger unbestrittenen Respekt verschafft.