Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Volontärin ist in ihrem Element
Für das Museum Reichenfels in Hohenleuben und den Verein hat Kerstin Traufetter mit ihrer Arbeit eine weltweite Bedeutung
Hohenleuben. Kerstin Traufetter ist mindestens ebenso glücklich über ihre neue Arbeit wie der Vogtländische Altertumsforschende Verein Hohenleuben (VAVH) sie als Fachkraft gefunden zu haben, die zudem den Hohenleubener mit ihrer Arbeit einen großen Dienst erweist.
Zum ersten Mal wurde durch den Freistaat Thüringen für Hohenleuben eine Volontärsstelle für zwei Jahre geschaffen. Natürlich hat es auch einen bedeutenden Hintergrund: Damit startet der Freistaat den Versuch, den wissenschaftlichen Nachwuchs für die Museen zu sichern.
Die Stelle eines Volontariats wurde ausgeschrieben und der Verein konnte unter den Bewerbern auswählen. Man entschied sich für Kerstin Traufetter.
Sie hatte im Bachelor-Studium den Studiengang Kulturgeschichte/ Kunstarchäologie/ Ur- oder Neuzeitgeschichte studiert, im Master-Studium entschied sie sich dann für Ur- und Frühgeschichte. Zudem hatte sie danach diverse Weiterbildungen belegt, die ihr nun im neuen Aufgabenbereich hilfreich sind.
Glücksfall für den Verein und Kerstin Traufetter
„Das ist für uns ein Glücksfall, dass wir eine solche wissenschaftliche Mitarbeiterin im Museum Reichenfels begrüßen können, so Sebastian Schopplich, Vorsitzender des Freundeskreis Museum Reichenfels innerhalb des Vogtländischen Altertumsforschenden Verein Hohenleuben (VAVH). Das Volontariat hat am 1. März begonnen und endet Ende Februar 2020.
Das Museum Reichenfels besitzt die wohl bedeutendeste archäologische Sammlung der Ur- und Frühgeschichte für Ostthüringen.
Die digitale Teilerfassung der archäologischen Sammlungsbestände des Hohenleubener Vereins bis 1850 ist der erste Teil der Volontariatsarbeit von Kerstin Traufetter. Über das Programm Digicult, in dem nach hohen Standards die Projekte aufgenommen werden, um dann weltweit darauf Zugriff haben zu können, hat eine große Bedeutung – nicht nur für die Vereinsmitglieder. Sie erhoffen sich davon eine höhere Anerkennung ihrer Arbeit national und international.
Digicult ist ein Verbund von Museen zur digitalen Erfassung und Publikation von Museumsbeständen. Partner sind die Museen der Bundesländer Schleswig-Holstein und Hamburg (Museen Nord), des Saarlandes, Thüringens und des Landschaftsverbands Rheinland. Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten der Dokumentation, Präsentation und Bewerbung der Kulturlandschaften der beteiligten Länder.
Anfragen kommen aus der ganzen Welt
Erst in den vergangenen Tagen hat das Museum Reichenfels eine Anfrage aus Philadelphia aus dem US-Bundesstaat Pennsylvania erhalten. „Wenn die Digitalisierung erfolgt ist, können Datenobjekte betrachtet werden, so als würden sie diese in der Hand halten“, ist Frank Schopplich mächtig gespannt auf die Arbeit.
Der zweite Teil der Arbeit von Kerstin Traufetter soll die Digitalisierung der grafischen Sammlung sowie der Waffensammlung des Vereins umfassen.
Schopplich umschreibt das Digicult-Programm als eine Art Katalog, in dem neben dem Objekt wissenschaftlich präzise die Fakten zum Fund wiedergegeben werden.
„Zwar hat es bereits Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts Bestrebungen die Sammlungen zu ordnen gegeben, doch hatten wir damals nicht diese technischen Voraussetzungen dazu“, so Schopplich.
Neue Zusammenhänge in der Geschichte
Er erhofft sich ebenso wie Udo Hagner, Vorsitzender des Vogtländisch Altertumsforschenden Verein Hohenleuben, durch das wissenschaftlich fundierte Wissen der Volontärin, neue erkennbare Zusammenhänge in der Vereinssammlungen, die so noch nicht gesehen wurden.
Für Kerstin Traufetter beginnt jetzt ein neuer Teil ihrer bisherigen wissenschaftlichen Arbeit. Nachdem sie bereits in der Höhlenforschung in Jena Löberschütz tätig war und verschiedene Weiterbildungsmaßnahmen wahrgenommen hatte, widmete sie sich ihrer Dissertation über mittelalterliche Dorfkirchen, Schwerpunkt Romanik und Gotik.
Für die gebürtige Rostockerin, die seit dem Studium in Jena lebt, ist das Museum Reichenfels in Hohenleuben kein unbeschriebenes Blatt. Während eines ihrer Besuche hat sie bereits festgestellt, dass sich hier eine wahre Schatzgrube befindet. Für Kerstin Traufetter bedeutet die Ur- und Frühzeitgeschichte ihr Leben.
Unterstützung vom Museumsverband
Die Vereinsmitglieder des VAVH sind für die große Unterstützung seitens der Staatskanzlei sowie des Museumsverbandes sehr dankbar.
Schließlich habe das Museum Reichenfels durch die stetige Personalreduzierung in den letzten Jahrzehnten – trotz des hohen Engagement der oftmals ehrenamtlich arbeitenden Mitarbeiter – nicht jede Arbeit bewältigen können, so Schopplich.
Er dankt für die Anerkennung der überregionalen wissenschaftlichen Bedeutung des Museums, das sich in Vereinsträgerschaft befindet. „Durch diese hohe Wertschätzung haben wir für die Volontärin einen Fördersatz von 75 Prozent erhalten“, so der Vorsitzendes des Förderkreises. Nichtstestotrotz ist der Satz von 25 Prozent, den der Verein aufbringen muss, „ein ganz schöner Patzen“, so Schopplich.
Wissenschaftliche Ausbildung hat Premiere
Udo Hagner verweist darauf, dass die wissenschaftliche Ausbildung im Volontariat im Museum Reichenfels in Unterordnung des Vogtländischen Altertumsforschenden Vereins eine Premiere ist .
Das Programm würde es in verschiedenen Ländern mit unterschiedlicher Ausbildung geben. In Thüringen hätte es ein sehr hohes Niveau, bestätigt Schopplich.
Der VAVH hätte allerdings ohne die Hilfe und Unterstützung durch Eva-Maria von Máriássy, Direktorin der Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz, nicht alle Voraussetzungen für ein Volontariat erfüllen können. So wurde dank der Zusage und Erfahrung durch Eva-Maria von Máriássy ein so genanntes Huckepackverfahren initiiert.
Hintergrund ist, dass im Museum Reichenfels kein hauptamtlicher wissenschaftlicher Mitarbeiter arbeitet und man so bestimmte Bereiche der Ausbildung und Weiterbildung nicht gewährleisten hätte können. Diesen Bereich wird Kerstin Traufetter im Sommerpalais Greiz erfahren neben der einmal im Monat stattfindenden Weiterbildung durch den Museumsverband Thüringen.
„Ohne die Bereitschaft aus Greiz hätten wir alle anderen Voraussetzungen erfüllt, aber ein wichtiger Aspekt hätte uns gefehlt. Der ist aber Voraussetzung, dass der Verein die Fördermittel bekommt“, ist Schopplich.
In ein paar Wochen wird der Arbeitsplatz von Kerstin Traufetter sich sichtlich verändern. Denn die umfangreiche Technik, die zum Digitalisieren der Sammlungsunterlagen notwendig wird, stellt das Land Thüringen bereit.