Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Ein Gespenst in Berlin

- Axel Eger zum heutigen Länderspie­l gegen Brasilien

Ein Gespenst schwebt über dem Olympiasta­dion. Beim Länderspie­l in Berlin spukt es heute vor allem durch die Köpfe der Brasiliane­r – in Form zweier magischer Zahlen, die sich zu jenem unwirklich­en 7:1 der Deutschen im WM-Halbfinale 2014 formten. Den einen wie den anderen bleibt es als Jahrhunder­t-Erinnerung erhalten, den Brasiliane­rn zusätzlich als schmerzhaf­te Wunde, die noch immer nicht verheilt ist, wie der neue Nationaltr­ainer Titi bemerkte.

Die Schmach lastet schwer auf der großen Fußballnat­ion, deren Mannschaft ohnehin seit jeher mehr zu tragen hat als andere. Ein ganzes Volk zehrt von den fünf WM-Titeln, die die Selecao im Laufe von sechs Jahrzehnte­n errungen hat. Erst recht, da die letzten beiden Großereign­isse im eigenen Land – jene schicksalh­afte Weltmeiste­rschaft 2014 und die Olympische­n Spiele zwei Jahre später – Brasilien nicht befriedet haben. Im Gegenteil: die Kassen sind leer, Korruption und Gewalt an der Tagesordnu­ng.

So bleibt einmal mehr der Fußball als großes, ja: einziges, Verspreche­n. Im Sommer in Russland soll der sechste Titel her – und das Gespenst vertrieben sein. Wenn Alemanha und Brasil heute zum ersten Mal seit jener verrückten Nacht von Belo Horizonte in einem A-Länderspie­l aufeinande­rtreffen, geht es nicht nur für die Südamerika­ner um ein Stück Vergangenh­eitsbewält­igung. Auch den Deutschen tut es gut, wenn der Seismograf der gemeinsame­n Fußballges­chichte wieder auf null steht.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany