Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Man fordert
Geht es um Führungspositionen sind Frauen hierzulande deutlich unterrepräsentiert. Professorin Jutta Rump sagt: Wer selbstbewusst auftritt kann auch Karriere machen
Nur knapp ein Drittel der Führungspositionen in deutschen Unternehmen sind nach Zahlen des Statistischen Bundesamts mit Frauen besetzt. Dieser Wert hat sich in den vergangenen Jahren kaum bewegt. Für das ungleiche Verhältnis ist zum Teil die Kultur in den Firmen verantwortlich.
Es gibt jedoch auch strukturelle und kulturelle Ursachen, erklärt Prof. Jutta Rump . Sie ist Botschafterin für die Themen Chancengleichheit und Diversity bei der Initiative Neue Qualität der Arbeit.
Im Interview plädiert die Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Ludwigshafen dafür, dass Frauen, die Karriere machen wollen, mutiger auftreten. Jutta Rump: Das kommt immer ein bisschen auf das Sozialisationsmuster an. Viele Frauen – nicht alle – wurden erzogen, eher harmonieorientiert zu sein, im Hintergrund zu wirken, niemals anzugeben und auch mal zu sagen: „Ich kann das aber richtig gut!“Doch wenn man über Karriere redet, gibt es eine bestimmte Anzahl von Jobs und Positionen und eine größere Anzahl von Personen, die darum konkurriert. Und dann muss man auch mal laut sein, offensiv rangehen und sich durchboxen. Und da, das muss man ganz klar sagen, ist die Sozialisation von Männern besser prägend als die von Frauen. Nicht nur ein bisschen. Sie drücken das jetzt etwas negativ aus. Ich würde das positiv formulieren: Man muss mutiger sein und sagen: „Okay, ich bin gut“. Es geht um Selbstbewusstsein und darum, über den eigenen Schatten zu springen.
Man wartet nicht ab, bis ein Gespräch kommt. Sondern man geht hin und fordert ein Perspektivgespräch ein. Wenn der Chef dann auf Ende des Jahres vertröstet, sagt man: „Ich möchte aber zeitnah ein Das bedeutet nicht, eine Zicke zu sein, die sich überall vordrängelt. Aber dass man schon bestimmt und selbstbewusst auftritt, höflich und gesprächsbereit. Also nicht unverschämt ist. Es ist das Spannungsfeld zwischen Präsenz auf der einen und Diplomatie auf der anderen Seite. Es heißt immer, Frauen haben eine höhere Sozialkompetenz. Ich weiß aber nicht, ob das pauschal richtig ist. Das hängt von der Persönlichkeit ab.
Die muss ich auch immer einbringen, klar. Aber die Frage ist: Was ist für die Führungsposition die adäquate Qualifikation? Das Fachliche natürlich auch. Gleichzeitig muss ich meine Methodenund Sozialkompetenz mit in den Ring werfen. Dieses Potpourri entscheidet über Karrieren. Das kommt immer ganz auf die Unternehmenskultur an. Es gibt Firmen, in denen kann man mit einer klassischen Teilzeitstelle oder Job-Sharing Karriere machen. Aber in sehr vielen Unternehmen hat Karriere und Führung immer noch mit Präsenzkultur zu tun. In solchen Firmen muss man dann für sich eine Entscheidung treffen. Man sollte sich überlegen, wie man das unter einen Hut bringt. Das ist nicht trivial. In den meisten Firmen lässt sich mit 50 Prozent Teilzeit im Moment noch keine Karriere machen. Das klappt in der Realität eher mit einer vollzeitähnlichen Teilzeit, also 75 Prozent Arbeitszeit aufwärts. Darauf lassen sich mittlerweile viele Unternehmen ein.