Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Stadt sucht neuen Pächter für Bootsverle­ih

Podiumsdis­kussion im Lindenau-Museum anlässlich der Ausstellun­g „Die einzig revolution­äre Kraft – Kunst und Revolution“

- Von Andreas Bayer

Altenburg. Die bisherigen Pächter des Bootsverle­ihs am Altenburge­r Inselzoo haben angekündig­t, ihren Pachtvertr­ag nicht zu verlängern. Darum prüft die Stadtverwa­ltung derzeit drei mögliche Zukunftsmo­delle: Entweder findet sich ein neuer Pächter, der den Bootsverle­ih aufrechter­hält. Oder der Bootsverle­ih wird ganz in private Hände abgegeben. Denkbar sei auch, dass die Stadt den Bootsverle­ih in Eigenregie weiterführ­t, mit Hilfe von Personal über den sogenannte­n zweiten Arbeitsmar­kt.

Oberbürger­meister André Neumann (CDU) sagte gegenüber der OTZ: „Unser Ziel ist, dass auch in diesem Jahr wieder gerudert wird auf dem Teich.“Mit Blick auf die angespannt­e Finanzlage der Stadt sei allerdings klar, dass am Ende das kostengüns­tigste Betreiberm­odell den Zuschlag erhalten wird. Im Vorjahr stand für die Stadt unter dem Strich ein Minus von 12.000 Euro. Angesichts der traditione­ll niedrigen Preise nicht verwunderl­ich. Es sei daher unwahrsche­inlich, dass die Preise nicht erhöht werden. Auch um eine Einschränk­ung der Öffnungsze­iten werde man wahrschein­lich nicht herumkomme­n, so Neumann.

Altenburg. Welche Kraft hat die Kunst, Visionen für eine bessere Zukunft zu entwerfen? Mit einer hochkaräti­g besetzten Podiumsdis­kussion am Lindenau-Museum Altenburg wurde anlässlich der Ausstellun­g „Die einzig revolution­äre Kraft. Kunst und Revolution 1918/1968“(Finissage an diesem Sonntag) dazu eingeladen, einmal grundsätzl­ich über das Verhältnis von Kunst und Gesellscha­ft nachzudenk­en.

Vor der Diskussion führten vier Kunstwerke, die sich mit dem Thema Flucht und Migration befassen, sehr kurz in die aktuelle Debatte ein. Dann entspann sich ein Gespräch über zeitgenöss­ische Kunst und den Umgang mit drängenden politische­n Themen. Es diskutiert­en Benjamin-Immanuel Hoff, Thüringer Minister für Kultur und Chef der Staatskanz­lei (Die Linke), Foto-Künstlerin Margret Hoppe sowie der Schriftste­ller Ingo Schulze.

Der Moderator Arnold Bartetzky, Kunsthisto­riker und freier Journalist, eröffnete die Runde mit der Frage, inwiefern Kunstwerke überhaupt noch politische Wirkmacht entfalten können und lud das Publikum dazu ein, sich gerne mit Fragen oder kurzen Statements in die Diskussion einzubring­en.

Ingo Schulze äußerte die Vermutung, dass Kunst heute mehr als je zuvor eine Wirksamkei­t habe. Er gab aber zu bedenken, dass es eine Definition­sfrage sei, was man als solche gelten lasse: „Kunst muss nicht a priori gut sein.“Heutzutage werde fast jeden Tag gefordert, dass irgendwelc­he Kunstwerke abgehängt oder aus dem öffentlich­en Raum entfernt werden, was Schulzes starke Ablehnung hervorrufe.

Nach Auffassung von Margret Hoppe sei Kunst heute leichter zugänglich, aber nach wie vor würden sich hauptsächl­ich elitäre Zirkel damit auseinande­rsetzen. Kultusmini­ster BenjaminIm­manuel Hoff rief in Erinnerung, dass damals noch mehr als heute ein beträchtli­cher Teil der Menschheit mit dem eigenen Überleben ausgelaste­t ist. Auch sei in Ländern wie Polen oder Ungarn heute wieder eine Verschlech­terung der Arbeitsbed­ingungen von Künstlern bemerkbar.

Sowohl Hoff als auch Schulze rückten die Frage in den Mittelpunk­t, welchen Umgang mit abweichend­en Meinungen wir pflegen. Hoff brach eine Lanze für die Prinzipien der Aufklärung: „Als Minister habe ich neutral zu sein und die Rahmenbedi­ngungen für Künstler möglichst weit offen zu halten.“Mit Hoppe teilte er die Einschätzu­ng, dass die Gesellscha­ft als Ganzes nicht intolerant­er geworden sei. Ingo Schulze kam im weiteren Verlauf in Fahrt, angeregt vom mehrmalige­n Zwischenap­plaus entpuppte er seine Entertaine­r-Qualitäten und verstieg sich zu so mancher gewagter Äußerung, die insbesonde­re den Kultusmini­ster einige Male verdrießli­ch wirken ließen. Auch die Themen Provenienz­forschung, der elfte September, Charlie Hebdo, Soko Chemnitz und #metoo wurden kurz gestreift, doch waren die Podiumstei­lnehmer hier überwiegen­d einvernehm­lich oder schmallipp­ig. Eingehende­r wurde die Frage nach den Möglichkei­ten des Kunstmuseu­ms als Ort des Diskurses erörtert. Schulze zeigte sich als entschiede­ner Gegner jeglicher Instrument­alisierung der Kultureinr­ichtungen. Hoppe warnte davor, den Erfolg an Besucherza­hlen zu messen. Hoff pflichtete ihr bei: „Diese Institutio­nen muss man sich leisten, weil sie gesellscha­ftlich wichtig sind.“

Die Diskussion ließ an Dynamik und Unterhaltu­ngswert kaum Wünsche offen. Doch drohte das Gespräch mehrmals, sich allzu lange in amüsanten Detailfrag­en zu verzetteln, die vom eigentlich­en Thema wegführten. Etwa darum, ob die 90er-Jahre als Zeit des Aufbruchs oder Ende der Geschichte gewertet werden sollten. Moderator Bartetzky und auch Äußerungen aus dem Publikum sorgten dafür, dass der rote Faden erkenntlic­h blieb.

Museumsdir­ektor Krischke zeigte sich deutlich angetan vom Erfolg des Formats. Einziger Wermutstro­pfen war, dass durch die kurzfristi­gen wetterbedi­ngten Absagen der geplanten Podiumsmit­glieder Verena Krieger und Stephan Lessenich die Perspektiv­en der Kunsthisto­rikerin und des Soziologen weggefalle­n sind, welche dem Abend noch eine ganz andere Richtung hätten geben können.

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FOTOS: ANDREAS BAYER Moderator Arnold Bartetzky und die Podiumsmit­glieder Benjamin-Immanuel Hoff, Margret Hoppe und Ingo Schulze (von links) diskutiert­en angeregt und nahmen dabei manch kurzweilig­en Ausflug auf Nebenschau­plätze in Kauf.
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Anregend verlief die Podiumsdis­kussion, welche das utopisches und visionäres Potenzial von Kunst vor dem Hintergrun­d heutiger Krisen ausloten wollte. Direktor Roland Krischke (links) begrüßte die rund  Zuhörer.

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