Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Wie Lindenau zeichnen und Jazz genießen
Dem Lindenau-Museum steht ein ereignisreiches Wochenende mit Konzert, Familienführung und Finissage bevor
Altenburg. Das neue Jahr hat kaum begonnen, doch in der Gabelentzstraße 5 geht es schon wieder hoch her. Dieses Wochenende finden im LindenauMuseum drei ganz unterschiedliche Veranstaltungen statt: ein spritziges Jazz-Konzert am Samstagabend, eine interaktive Familienführung durch „Die Welt von gestern“und eine literarisch ausgerichtete Finissage der Ausstellung „Die einzig revolutionäre Kraft“am Sonntag. Eva Klesse, 1986 geboren, studierte Jazzschlagzeug an den Musikhochschulen Weimar, Paris und Leipzig, wo sie 2013 ihr Studium mit zweifachem Diplom mit Auszeichnung beendete. Von 2014 bis 2016 erhielt sie ein Stipendium für ein MasterStudium an der New York University. Im Frühjahr 2018 wurde Eva Klesse als Professorin für Jazzschlagzeug an die Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover berufen.
Als Musikerin ist Klesse in zahlreichen Projekten tätig, unter anderem im Julia Hülsmann Oktett, in der Jorinde Jelen Band, im Sarah Chaksad Orchestra sowie in ihrer eigenen Band, dem Eva Klesse Quartett, für welches sie auch als Komponistin wirkt und mit dem sie am Samstag, 12. Januar, das Lindenau-Museum beehrt.
Die Band, dessen hintergründige und melodisch komplexe Stücke auch Nicht-Jazz-Hörer begeistern dürfte, hat erstmals 2014 in Altenburg gespielt und kehrt nun mit zwei neuen Alben im Gepäck zurück.
Einlass ist ab 19 Uhr, Konzertbeginn 20 Uhr. Karten an der Abendkasse kosten 14 Euro. Zur Familienführung mit Jacqueline Glück wird am Sonntag um 10.30 Uhr eingeladen.
Bereits bei Bernhard August von Lindenau gab es Zeichenunterricht. In seiner Malschule, die 1848 noch im Museum auf dem Pohlhof in Altenburg integriert war, verpflichtete er einen Künstler für den Unterricht.
Wie aber war der Unterricht im Museum vor 170 Jahren? Wer waren die Lehrer, die unterrichteten? Konnten sie auch wirklich gut malen?
In der aktuellen Sonderausstellung „Die Welt von gestern. Malerei und Grafik des 19. Jahrhunderts“finden sich Gemälde, geschaffen vom ersten Museumsleiter und Lehrer der Lindenauschen Malschule, Professor Erdmann Julius Dietrich und seinem Nachfolger Carl Moßdorf. Die Bilder der beiden sollen genau unter die Lupe genommen werden.
Im Anschluss an die Führung können die Teilnehmer einmal so zeichnen, wie Lindenau es bereits 1836 in dem Studien-Plan der Kunstakademie in Dresden 1836 festhielt: „Zeichnen [und Bossieren] nach Gypsabgüssen von antiken Fragmenten, Büsten und ganzen Figuren.“ Zur Finissage der Ausstellung „Die einzig revolutionäre Kraft. Kunst und Revolution 1918 und 1968“wird am Sonntag, 15 Uhr, eingeladen.
Die im September 2018 eröffnete Ausstellung wurde vom Publikum sehr gut angenommen und infolge dessen bis 20. Januar verlängert. Sie widmet sich den historischen Zäsuren 1918 und 1968 und fragt nach dem beiden historischen Ereignissen innewohnenden revolutionären Potenzial von Kunst. Wo ist diese entscheidende Kraft der
Kunst heute geblieben? In zwei Räumen werden die Jahre 1918 und 1968 und deren Folgen im Spiegel der Kunst vor Augen geführt. Peter Weiss‘ „Die Ästhetik des Widerstands“(1975) wird in einer raumgreifenden Wandinstallation präsentiert. Im Eckraum findet sich der Besucher in der Gegenwart wieder, wo Kunst angesichts globaler Krisen erneut als Möglichkeitsform des Politischen entdeckt wird.
Nach einer Kuratorenführung um 15 Uhr lädt das Museumsteam gemeinsam mit der in Altenburg lebenden Germanistin Christa Grimm zu einem Gespräch über den Roman „Die Ästhetik des Widerstands“von Peter Weiss ein. Die Arbeit zu dem Werk nahm der Schriftsteller, Maler und Grafiker 1971 auf. In der Bundesrepublik erschien der erste Band 1975 bei Suhrkamp, die beiden anderen Bände erschienen nach ihrer Fertigstellung 1978 und 1981. In der DDR wurde der gesamte Roman 1983 – ein Jahr nach Weiss‘ Tod – im Henschelverlag publiziert. Der Autor zeichnet in seiner Ästhetik die Geschichte einer Revolution von unten nach. Parallel thematisiert er Kunstwerke und Künstler und erzeugt so ein „Musée imaginaire“zum revolutionären Potenzial von Kunst.
Der Roman spielt zu Beginn im Berlin des Jahres 1937. Kurz darauf reist der Ich-Erzähler nach Spanien, beteiligt sich im Spanischen Bürgerkrieg am Kampf gegen den Faschismus, flieht 1938 nach dem Fall der Republik nach Paris und von dort nach Stockholm. Parallel zur Handlung und zu den Themen Arbeit, Widerstand, Gewalt, Flucht und Vertreibung diskutieren die Figuren Kunstwerke als Monumente des Klassenkampfs.
Analysiert und miteinander in Beziehung gesetzt werden zum Beispiel der Pergamonaltar, die Figur des Herkules, Picassos Guernica, Géricaults Medusa, Goyas Erschießung, Menzels Eisenwalzwerk und Koehlers Streik. (red)
Jazzklub Altenburg ist zu Gast
Unterricht im Museum vor 170 Jahren
Gesprächsrunde nach der Führung