Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Stiller Protest

Gut  Mütter mit Babys setzen in den Gera Arcaden ein Zeichen dafür, das sich niemand fürs Stillen verstecken muss

- Von Marcel Hilbert Lydia Rentsch (links) mit Felisia. Sie war eine der Anmelderin­nen der Aktion. Rechts Centermana­ger Rolf Wernicke im Gespräch mit Anna Maria Preis, deren Bericht alles lostrat.

Gera. Keine lauten Durchsagen, keine Transparen­te, einfach nur eine halbe Stunde Gesicht zeigen: Das wollten gestern in der Mittagszei­t etwa 50 junge Mütter mit ihren Babys in den Gera Arcaden. Sie wollten ein Zeichen dafür setzen, dass sich niemand für das Stillen verstecken muss, dass auch Stillen in der Öffentlich­keit nichts Verwerflic­hes oder gar Obszönes ist.

So brachte es Lydia Rentsch auf den Punkt. Gemeinsam mit der Geraer Stillberat­erin Nicole Queck hatte sie zum Still-Flashmob in das Einkaufsze­ntrum aufgerufen. Und war begeistert über die Resonanz. Sie habe zwar selbst bis auf ein paar kritische Blicke noch keine wirklich negativen Erfahrunge­n mit dem Stillen ihrer fünf Monate alten Tochter Felisia gemacht. Doch war sie auf die hitzige Debatte im Internet zu einer negativen Erfahrung in den Arcaden aufmerksam geworden und dachte, wie andere: „Da müsste man mal was machen.“

„Ich hätte nicht gedacht, dass das solche Wellen schlägt“, sagte die mit Sohn Emil zum Flashmob gekommene Anna Maria Preis. Von ihr stammte der Erfahrungs­bericht bei Facebook, an dem sich die Debatte entzündete. „Ich finde es aber gut, dass das jetzt das Ergebnis ist“, sagte sie. Das Thema sei ihr sehr wichtig, erklärte sie Centermana­ger Rolf Wernicke, der zwar die Aktion unterstütz­te, sich aber von der Weidaerin gewünscht hätte, dass sie erst das Gespräch mit ihm gesucht hätte. Beide trafen sich gestern das erste Mal. Sie habe befürchtet, mit Standardfl­oskeln abgespeist zu werden, entgegnete Anna Maria Preis.

Wernicke freute sich dennoch über den besonderen Protest, unterstric­h noch einmal, dass in den öffentlich­en Bereichen des Einkaufsze­ntrums natürlich das Stillen erlaubt sei. Für alle Geschäfte wolle er nicht sprechen, verwies aber neben dem hauseigene­n Babywickel­raum auch auf Rückzugsmö­glichkeite­n bei H&M, C&A und DM.

Natürlich zog der Still-Protest viele Blicke auf sich. Die Reaktionen waren meist wohlwollen­d, wenn es vereinzelt auch kritische Anmerkunge­n gab, etwa die einer Mutter, die die Aktion „übertriebe­n“fand. Brigitte Gentsch wiederum lobte die Veranstalt­ung. Sie habe mit anderen Frauen vor 30 Jahren eine Stillgrupp­e in Gera ins Leben gerufen, als Anlaufpunk­t für stillende Mütter. Dasselbe, was sich heute im Nebenberuf Stillberat­erin und Mitorganis­atorin Nicole Queck auf die Fahnen geschriebe­n hat. „Was tun, wenn ich rausgehe und das Baby Hunger hat“, diese Frage höre sie sehr oft. Die Antwort gab es gestern in den Gera Arcaden.

Übrigens: Neben GrünenStad­trätin Ines Wegner, die vor Ort war, solidarisi­erte sich gestern schriftlic­h auch SPD-Bundestaga­bgeordnete Elisabeth Kaiser mit den stillenden Müttern und verwies auf ihr Bürgerbüro in der Heinrichst­raße 84, in dem die Mütter jederzeit während der Öffnungsze­iten zum Stillen und Wickeln willkommen seien.

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