Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Das Ende der Plastiktüt­e rückt näher

Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) hat ein Gesetz zum Verbot der Tragetasch­en in Geschäften erarbeitet. Aus der CDU kommt Kritik

- Von Tobias Kisling

Berlin.

Eigentlich will man im Supermarkt nur eine Kleinigkei­t besorgen, dann kommt aber doch das ein oder andere Lebensmitt­el hinzu – und schon wird der Transport schwierig. Für wenige Cent schafft eine Plastiktüt­e Abhilfe. Doch damit soll bald Schluss sein, wenn es nach Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) geht. Die SPD-Politikeri­n hat einen Gesetzentw­urf zum Verbot von Plastiktüt­en vorgestell­t. Der Entwurf liegt unserer Redaktion vor, zuerst hatte die „Bild“berichtet.

„Es gibt sehr gute Alternativ­en zu den einfachen, nur einmal benutzten Plastiktüt­en. Die setzen sich im Moment durch. Und ich bin fest davon überzeugt, innerhalb kürzester Zeit wird niemand mehr die Plastiktüt­en vermissen“, begründete Schulze ihren Vorstoß. Zu den Alternativ­en zählten beispielsw­eise Beutel aus recyceltem Meeresmüll. Auch Stoffbeute­l werden weiterhin verkauft.

Ministerin Klöckner bemängelt Verbote

Verboten sind dagegen künftig laut Gesetzesen­twurf alle Plastiktüt­en, die „dazu bestimmt sind, in der Verkaufsst­elle mit Waren gefüllt zu werden“. Dazu zählen auch „biobasiert­e und bioabbauba­re Kunststoff­tragetasch­en“. Denn selbst Bioplastik sei oft nur ein leeres Verspreche­n. „Es gibt so gut wie kein umweltfreu­ndliches Bioplastik auf dem Markt“, hatte Schulze erst kürzlich kritisiert. Stattdesse­n handele es sich häufig „um eine Mogelpacku­ng“für den Verbrauche­r. Denn das Plastik verrotte nicht wie echter Biomüll.

Das Aus für die Plastiktüt­e gelte für alle Waren- und Sporthäuse­r sowie für die Lebensmitt­elund Gastronomi­etöchter. Aber es gibt Ausnahmen von dem geplanten Verbot: Besonders stabile Tragetasch­en, die wiederverw­endbar sind, gibt es auch weiterhin zu kaufen. Als stabil gilt eine Tragetasch­e, wenn sie eine Wandstärke von über 0,05 Millimeter­n aufweist. Auch die kleinen Tütchen an den Obst- und Gemüsethek­en bleiben erhalten. Andernfall­s könnte es passieren, dass Obst und Gemüse direkt in Plastik verpackt werde, so Schulze.

Das Gesetz könnte nach Wunsch der SPD-Ministerin bereits im kommenden Jahr in Kraft treten – sofern der Koalitions­partner CDU/CSU mitspielt. Innerhalb der Union scheint die Haltung zum Plastiktüt­enverbot noch nicht geklärt. Während CSU-Chef Markus Söder bereits Ende Juli vorprescht­e und eine Initiative im Bundesrat für ein deutschlan­dweites Plastiktüt­enverbot in Aussicht stellte, reagierte Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner (CDU) nach Bekanntwer­den des Gesetzentw­urfs skeptisch. „Nur Verbote, so wie es die Grünen wollen, ohne eine Antwort zu haben, was denn die Alternativ­e ist“, damit seien die Bürger nicht zufrieden, sagte die stellvertr­etende CDU-Vorsitzend­e vor Gremiensit­zungen ihrer Partei.

Anstelle von Verboten forderte Klöckner Alternativ­en durch Innovation­en. So würden unter der Federführu­ng ihres Ministeriu­ms bereits Alternativ­en zu Plastiktüt­en aus nachwachse­nden Rohstoffen entwickelt. Auch aus der FDP-Fraktion kommt Kritik. „Das Plastiktüt­enverbot von Bundesumwe­ltminister­in Schulze ist reine Symbolpoli­tik. Es führt nur zu höheren Kosten für die Bürger und trägt gleichzeit­ig kaum zum Umweltschu­tz bei“, sagte der stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende der FDP, Frank Sitta, unserer Redaktion. Sitta plädierte anstelle eines Verbots für eine „qualitativ bessere Plastikwie­derverwert­ung“.

Der Handel hat den Gesetzentw­urf von Schulze dagegen gemischt aufgenomme­n. So kündigte die Warenhausk­ette Karstadt Kaufhof an, Plastiktüt­en aus den Geschäften zu verbannen. „Plastiktüt­en passen als Verpackung einfach nicht mehr in die Zeit“, begründete GaleriaKar­stadt-Kaufhof-Chef Stephan Fanderl den Schritt. Unverständ­nis wurde dagegen seitens Svenja Schulze, Bundesumwe­ltminister­in des Handelsver­bands Deutschlan­d (HDE) geäußert. Dessen Hauptgesch­äftsführer Stefan Genth wertete das geplante Verbot als „Vertrags- und Vertrauens­bruch“. Denn der Handel hatte sich 2016 in einer freiwillig­en Selbstverp­flichtung mit dem Umweltmini­sterium darauf geeinigt, Plastiktüt­en nicht mehr kostenfrei auszugeben.

Die Gebühren für die Plastiktüt­en machten sich bemerkbar. Verbraucht­en die Deutschen 2015 noch durchschni­ttlich 68 Plastiktüt­en im Jahr, reduzierte sich der Anteil nach Einführung der freiwillig­en Selbstverp­flichtung um fast zwei Drittel – auf nur noch durchschni­ttlich 24 Tragetasch­en aus Kunststoff im vergangene­n Jahr. Immer noch „unnötig viel“, wie das Umweltbund­esamt meint. Das sieht auch Svenja Schulze so. Im Gesetzentw­urf heißt es, dass das Verbot dazu führen solle, dass auch diejenigen Vertreiber, „die sich bisher nicht an der Vereinbaru­ng des Bundesumwe­ltminister­iums mit dem HDE beteiligt haben, keine Kunststoff­tragetasch­en mehr in den Verkehr bringen“. Für den HDE ist das nicht nachvollzi­ehbar. „Die Einzelhänd­ler haben Wort gehalten und die Vereinbaru­ng mit dem Bundesumwe­ltminister­ium zur Reduzierun­g von Einwegtrag­etaschen übererfüll­t“, sagte Genth. Mit dem jetzigen Gesetzentw­urf müsse sich der Handel allerdings fragen, ob „man sich auf das Wort der Regierung noch verlassen kann“.

In anderen Ländern gibt es schon länger klare Vorschrift­en zum Umgang mit Plastiktüt­en. Laut einer Untersuchu­ng der Vereinten Nationen hatten im Sommer 2018 124 von 192 untersucht­en Staaten landesweit­e Vorschrift­en für den Umgang mit Plastiktüt­en erlassen – Deutschlan­d zählte nicht dazu. In Frankreich und Italien sind nicht abbaubare Plastiktüt­en bereits verboten. (mit dpa)

„Es gibt sehr gute Alternativ­en zu einfachen, nur einmal benutzten Plastiktüt­en.“

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FOTO: ISTOCK Auf dem Wochenmark­t sind Plastiktüt­en immer noch beliebt. Das könnte sich künftig aber ändern.
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