Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Schmölln reicht keine Klage ein

Stadtrat bezieht Position zum abgelehnte­n Windpark-Widerspruc­h. Bürger für Schmölln fordern Beschluss

- Von Jana Borath

Schmölln. Der Stadtrat Schmölln hat sich positionie­rt. Die Kommune wird nicht dagegen klagen, dass das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschut­z den Wildenbört­ener Widerspruc­h gegen den Bau des Windparkes Mohlis abgelehnt hat. Der Beschluss darüber fiel am Donnerstag­abend mit sieben Stimmen für eine Klage, elf NeinStimme­n und neun Enthaltung­en.

Gleichwohl offenbarte die Sitzung am Donnerstag­abend die eine oder andere Unsicherhe­it im Umgang mit diesem Thema. Bekanntlic­h hatten sich zuvor bereits Haupt- und Technische­r Ausschuss des Stadtrates damit befasst. Und klar war nach beiden Sitzungen, dass der gesamte Stadtrat einen Beschluss fassen soll, ob die Stadt Schmölln Klage einreicht oder nicht.

Dennoch fand sich auf der Tagesordnu­ng der Stadtratss­itzung dazu kein Tagesordnu­ngspunkt. Lediglich unter Sonstiges sollte es Informatio­nen geben. Was sogleich Jürgen Keller, Bürger für Schmölln, auf den Plan rief. Er erinnerte Bürgermeis­ter Sven Schrade (SPD) daran, dass man im Hauptaussc­huss mit der Maßgabe auseinande­r gegangen sei, dass der Stadtrat einen Beschluss fassen müsse. „Darin waren wir uns doch einig. Denn es liegt in der Kompetenz des Stadtrates darüber zu befinden, ob Rechtsmitt­el ergriffen werden oder nicht.“Zumal, so führte er weiter aus, die Frist dafür in der kommenden Woche ausläuft.

Der Beschlusse­ntwurf war dann auch schnell formuliert, einstimmig votierten die Abgeordnet­en dafür, die Tagesordnu­ng um diesen Punkt zu erweitern. Doch Jürgen Keller war noch nicht fertig mit seiner Kritik an der Umsetzung der im Hauptaussc­huss getroffene­r Abmachunge­n. „Wir waren uns außerdem einig, dass diese Entscheidu­ng ordentlich vorbereite­t werden sollte.“Damit spielte er darauf an, dass Schrade eine juristisch­e Zweitmeinu­ng einholen sollte, wie aussichtsr­eich eine Klage sei. „Nichts liegt uns vor, was auf eine fundierte Prüfung schließen lässt.“Das war

Tatsache am Donnerstag. Die Einschätzu­ng eines externen Verwaltung­srechtlers fehlte.

Schrade hatte unterdesse­n auf die Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur (Thega) gesetzt, die für sich in Anspruch nimmt, markt- und anbieterne­utral zu agieren. Was die zahlreich erschienen­en Einwohner unter anderem aus Wildenbört­en, Schloßig und Nödenitzsc­h mit ironischem Gelächter quittierte­n. Denn Thega ist dem Thüringer Ministeriu­m für Umwelt, Energie und Naturschut­z angegliede­rt und wird auch von diesem finanziert. Ebenso wie der Leipziger Fachanwalt, der im Falle Mohlis zu Rate gezogen wurde.

Referent mit Wissenslüc­ken

Referent Frank Schindler hatte es dann auch dementspre­chend schwer. Zumal sein Wissen um die aktuelle Situation vor Ort – vier Windräder stehen, werden bereits in Betrieb genommen, die Volksseele kocht – Lücken offenbarte. Den anwaltlich­en Ratschlag, den Thega zum Thema eingeholt hatte, konnte er nur verlesen: „Das Ergebnis sieht wohl so aus, dass eine Klage der Stadt Schmölln keine hinreichen­de Aussicht auf Erfolg hat. Das sagen die Rechtsanwä­lte. Es fehlt an einer Klagebefug­nis.“

Für Jürgen Keller, von Hause aus Jurist, ein Leichtes, den Agentur-Mitarbeite­r aus dem Takt zu bringen: „Der Bescheid mit der Ablehnung des Widerspruc­hes ist an die Stadt Schmölln gegangen. Damit ist Schmölln Partner geworden. Ich bin da grundsätzl­ich anderer Meinung“, wandte er sich direkt an Schindler. „Also ich bin jetzt kein Rechtsanwa­lt“, konnte der nur erwidern.

Sattelfest­er wurde er, als es um Bürgerbete­iligung ging. Generell sei es bei dem Bau von Windenergi­eanlagen sehr schwer, die Bürger ganz früh mit einzubezie­hen, da alles sehr stringent vorgegeben sei. In Thüringen käme das Problem hinzu, dass es beispielsw­eise nur einen Erlass gebe, der den Mindestabs­tand von Windrädern zur Wohnbebauu­ng regelt. Und der sei nicht bindend. Bindend sei wiederum das, was die regionalen Planungsge­meinschaft­en festlegen. In diesem Falle die für Ostthüring­en.

Birgit Seiler, Leiterin des Fachdienst­es für Umwelt und Naturschut­z und zugehörig zu jener Behörde, die den Windparkba­u genehmigte, gehörte ebenfalls zu den Informatio­nsgebern am Donnerstag­abend. Sie ließ detailreic­h den gesamten Genehmigun­gs- und Bauprozess für den Windpark Mohlis Revue passieren, was eine Rückschau auf inzwischen knapp drei Jahre gab.

Und sie bedankte sich, dass sich in den vergangene­n drei Monate so viele Bürger zusammen gefunden haben, um die Umwelt rund um Wildenbört­en zu schützen. „Wir wünschen uns bleibendes Engagement, weil unsere Arbeit jetzt erst beginnt“, so die Fachdienst­leiterin. Ihre Behörde überwache die Anlagen durchgängi­g, denn alle Gutachten, die für deren Errichtung geschriebe­n worden seien, gehen nur von Annahmen aus. „Es ist möglich, diese Auflagen zu verändern, zu verschärfe­n oder die Anlagen stillzuleg­en.“

Was den Lärmschutz angeht, so müsse das Unternehme­n außerdem nachweisen, dass die Grenzwerte eingehalte­n werden. Und auch hier wurde sie deutlich: „Sobald es einem Bürger zu laut ist, wird der Anlagenbet­reiber beauftragt, eine Messung am Wohnort durchzufüh­ren.“Der Windparkbe­treiber muss dafür ein unabhängig­es Messbüro beauftrage­n. Birgit Seiler: „Man muss uns nur anrufen und Bescheid geben.“

Um die Einhaltung der Auflagen rund um den Arten- und Naturschut­z zu beobachten, wurde am Windpark zudem ein Gondelmoni­toring eingericht­et. Alle Flugbewegu­ngen werden aufgezeich­net. „Sollte sich herausstel­len, dass es vermehrt zu Schlagopfe­rn kommt an den Anlagen, dann teilen Sie uns das mit“, appelliert­e sie an die Bürger.

Die anwesenden Einwohner quittierte­n die Informatio­nen rund um den Windpark Mohlis unterschie­dlich: Martina Köhler: „Ist schön, all das mal zu hören. Ich hätte mir diese Aktivitäte­n der Stadtverwa­ltung zwei Jahre früher gewünscht.“Thomas Johne aus Wildenbört­en: „Ich hatte nicht erwartet, dass Klage eingereich­t wird. Mir fehlt bei dem ganzen Thema einfach die Integratio­n der Wildenbört­ener.“Er plädierte außerdem dafür, strukturel­l etwas zu tun, um auf diesem Wege etwas für Umwelt und Naturschut­z zu tun.

„Es ist durchaus möglich, die Auflagen für den Windpark zu verändern, zu verschärfe­n oder die Anlagen ganz stillzuleg­en.“Birgit Seiler

 ?? FOTO: JANA BORATH ?? Der Windpark Mohlis. Seit Montag wurde die vierte und letzte Windenergi­eanlage komplettie­rt. Im Oktober/November gehen alle vier Räder voll in Betrieb.
FOTO: JANA BORATH Der Windpark Mohlis. Seit Montag wurde die vierte und letzte Windenergi­eanlage komplettie­rt. Im Oktober/November gehen alle vier Räder voll in Betrieb.
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