Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Am Anfang waren Aktbilder
Peter Poser feiert am heutigen Samstag . Geburtstag. Seit ist er als Sportfotograf tätig, doch seine Motivation war einst eine ganz andere
Jena.
Gänsehaut. Das ist das erste Wort, das Peter Poser über jenes Spiel verliert, dem er am 1. Oktober 1980 beiwohnte, um Fotos zu schießen. Es war das legendäre Rückspiel im Europapokal der Pokalsieger zwischen dem FC Carl Zeiss Jena und dem AS Rom, welches die Ostthüringer mit 4:0 gewannen. „Wenn ich heute daran denke, fühlt es sich immer noch sehr gut an“, sagt Peter Poser, der am heutigen Samstag 70 Jahre alt wird.
Insbesondere ein Foto vom vielleicht bedeutsamsten Spiel des FCC hat sich in das kollektive Gedächtnis eingebrannt, jenes, das die Anzeigetafel im Stadion mit den Namen der Jenaer Torschützen im Hintergrund ziert, derweil im Vordergrund die Fans den Platz stürmen.
Es ist das einzige Bild, welches Peter Poser von jenen euphorischen Momenten im Ernst-Abbe-Sportfeld blieb, da der Film in seiner Kamera riss. „Ansonsten gäbe es noch mehr Jubelbilder“, sagt Poser.
Als der Jenenser jenes Foto schoss, begleitete er den FCC bereits zehn Jahre. Am 4. März 1970 stand er erstmals mit seiner Kamera im Innenbereich des Stadions an der Saale, um das Geschehen im Europapokal festzuhalten. Beim Datum muss der Fotograf keine Sekunde überlegen, der damalige Gegner der Hausherren hieß Ajax Amsterdam. Jena siegte 3:1.
Über Walter Jahn, der gemeinsam mit Posers Vater Erich für die Nachwuchsarbeit beim FCC verantwortlich war, kam er zu dieser Tätigkeit.
Er selbst spielte Fußball beim Post SV Jena, wechselte später zu den Handballern. „Bei den Männern habe ich dann aufgehört. Die haben mir zu viel gesoffen“, sagt der heutige Jubilar und muss herzhaft lachen.
In jenen Tagen des Jahres 1967 oder auch 68, so ganz genau weiß er es nicht mehr, wurde indes sein Interesse an der Fotografie geweckt. Dabei hatte sein ursprüngliches Motiv nichts mit Sport gemein. „Ich wollte von meiner damaligen Freundin Aktbilder machen. Doch wenn du damals einen Film mit solchen Bildern zum Entwickeln abgegeben hast, konnte es passieren, dass du sie niemals erhalten hast, oder das Labor weigerte sich von vornherein, dergleichen zu entwickeln. Es war recht schwierig, und da entschieden wir uns, es selbst in die Hand zu nehmen, die Fotos und auch das Entwickeln“, resümiert der Pädagoge für Mathematik und Physik, der diese Tätigkeit jedoch nie ausüben durfte, da er 1972 von der damaligen Tschechoslowakei über die Grenze nach Österreich fliehen wollte. Drei Monate saß er anschließend in der Untersuchungshaft in Gera.
„Ich hatte jedoch Glück, dass Genosse Honecker im Herbst 72 eine Amnestie erließ, aufgrund derer ich aus der U-Haft entlassen wurde – ohne Prozess und richtigen Knast.“Ohne Konsequenzen blieb der Ausflug gen Grenze jedoch nicht, fürs Erste musste er in einer Großbäckerei in Jena arbeiten, landete dann nach mehreren Stationen 1977 bei Carl Zeiss in der dortigen Abteilung für „Produktionspropaganda“als Fotograf.
Seit 1993 ist er als selbstständiger Fotograf tätig. „Ich habe es nie als Arbeit betrachtet, vielmehr als Berufung“, resümiert Peter Poser, der seit Mitte der 70er-Jahre auch für diverse Zeitungen arbeitet. Doch er betont auch, dass sein Familienleben unter seiner Tätigkeit, die naturgemäß am Wochenende ihren Zenit erreicht, durchaus gelitten habe. Familienaktivitäten standen mehrere Jahrzehnte hinten an, schließlich hielt der dreifache Vater und sechsfache Großvater auch alle anderen sportlichen Felder in und um Jena mit seiner Kamera fest – bis heute, obwohl er seit 2015 Rentner ist.
Auf ein Bild ist er indes besonders stolz. Es zeigt Peter Ducke, wie er vor Schiedsrichter Rudi Glöckner mit wehleidigem Gesichtsausdruck kniet. Es ist sein Favorit. „Ich war ein großer Ducke-Fan“, sagt Peter Poser.