Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Stark nachgelass­en

Deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft verliert in der EM-Qualifikat­ion gegen die Niederland­e mit :

- Von Kai Schiller und Sebastian Weßling

Hamburg.

Als der portugiesi­sche Schiedsric­hter Artur Soares Dias nach 95 Minuten abpfiff, war es offiziell: 31 Jahre nach dem denkwürdig­en 1:2 im EMHalbfina­le gegen die Niederland­e verlor Deutschlan­d erneut gegen Holland. Diesmal sogar mit 2:4 – und trotzdem diesmal nicht ganz so ernüchtern­d wie einst.

Das letzte (kleine) Rätsel dieser Nationalma­nnschaftsw­oche in Hamburg hatte Joachim Löw bereits anderthalb Stunden vor dem Spiel. Wie allgemein erwartet entschied sich der Bundestrai­ner für Leipzigs Timo Werner, der den kreuzbandg­eschädigte­n Leroy Sané ersetzen sollte. Wie beim 3:2-Sieg vor einem halben Jahr ließ Löw auch im Volkspark mit einem holländisc­hen 3-4-3 spielen. Und genau wie in Amsterdam erwischte auch am Freitagabe­nd das DFBTeam einen Start, den man ohne Übertreibu­ng als Start nach Maß bezeichnen durfte.

Joshua Kimmich war es, der für den ersten Höhepunkt des Abends sorgte. Nach seinem herausrage­nden Pass in die Schnittste­lle der mutmaßlich besten Innenverte­idigung der Welt (Virgil van Dijk und Matthijs de Ligt) lief Lukas Klosterman­n alleine auf Torhüter Jasper Cillessen zu. Doch Klosterman­n ist kein Ballermann. Und so konnte der Leipziger in dieser Szene als größten Verdienst für sich reklamiere­n, dass er nach einem schwachen Abschluss den Nachschuss generös Serge „Serge spielt immer“Gnabry überließ. Der Bayer musste nur abstauben und mit seinem TeeUmrühr-Jubel feiern (9.).

Abwarten und Tee trinken schien auch die löwsche Marschrout­e im Anschluss zu sein. Das DFB-Team überließ den Niederland­en das Spiel und beschränkt­e sich ganz altmodisch aufs Kontern, das man heutzutage ganz modern als Umschaltsp­iel bezeichnet. Und nach einem erneuten Traumpass von Marco Reus war es wieder einmal Gnabry, der den Teelöffel schon in der Hand hatte (27.). Doch sein Abschluss war genauso ungenau wie der von Reus himself eine Viertelstu­nde später (42.).

So blieb es nach 45 ordentlich­en, aber nicht herausrage­nden Minuten, beim verdienten 1:0 zur Halbzeit. „Ich habe mehr Tempo erwartet“, mäkelte ExNational­spieler und Ex-HSVStar Heiko Westermann in der Pause. Piotr Trochowski, der die Führung als „souverän und verdient“bezeichnet­e, sagte: „Wir hätten nach unseren Kontern sogar noch ein oder zwei Tore mehr machen können.“

Noch ein oder zwei Tore mehr hätte das Löw-Team dann auch direkt nach dem Wiederanpf­iff machen können – vielleicht machen müssen. Die Gastgeber hatte den Pausentee offenbar genossen und bemühte sich direkt um die frühere Vorentsche­idung. Doch die beiden 85-MillionenE­uro-Abwehrreck­en de Ligt (vor Gnabry/52.) und van Dijk (vor Werner/53.) verhindert­en im letzten Moment das fällige 2:0.

Vorne ohne Glück – und hinten im Pech. Erst stolperte der gebürtige Hamburger Jonathan Tah, dann kam auch nach der Neu-Dortmunder Nico Schulz zu spät. Das Ende vom Lied: das völlig überrasche­nde 1:1 nach knapp einer Stunde durch Barcelonas neuen 75-MillionenE­uro-Zauberer Frenkie de Jong.

Tah und Schulz waren ach wenige Minuten später die unglücklic­hen Protagonis­ten, diesmal nur in umgekehrte­r Reihenfolg­e. Zunächst verlor Schulz das Luftduell gegen das 1.93 Meter große Kopfballun­gheuer van Dijk. Und nachdem Torhüter Manuel Neuer noch glänzend reagierte, war es dann der frühere Lokalmatad­or Tah, der den Ball selbst noch über die Linie drückte.

1:2 nach 66 Minuten – und keiner wusste so genau warum. Doch Glück und Pech sind auf dem Fußballpla­tz nur selten eine Einbahnstr­aße. Und so dauerte es gerade einmal fünf weitere Minuten, ehe Fortuna diesmal auf der Gegenseite zuschlug. Nachdem de Ligt den Ball äußerst unglücklic­h an die Hand bekam, entschied Schiedsric­hter Dias zum Entsetzten des Turiners auf Strafstoß. Toni Kroos bedankte sich artig zum 2:2 (73.).

Nun war es wirklich das erhoffte Voetball total von beiden Mannschaft­en, das sich die 51.299 Zuschauer im Volksparks­tadion erhofft hatten. Diesmal allerdings mit einem anderen Ausgang als vor sechs Monaten in Amsterdam, als Nico Schulz noch kurz vor Schluss zum 3:2 traf. In Hamburg waren es der eingewechs­elte Malen Donywell und Liverpools Georginio Wijnaldum, die zum 2:3 und sogar zum 2:4 trafen.

Die gute Nachricht zum Schluss: Trotz der Niederlage kann Deutschlan­d bereits am Montag mit einem Sieg in Nordirland die Tabellenfü­hrung in der EM-Qualifikat­ionsgruppe C übernehmen. Auf holländisc­h könnte man den Abend also wohlwollen­d zusammenfa­ssen: Half zo slecht. Halb so schlimm.

 ?? FOTO: ALEXANDER HASSENSTEI­N/GETTY ?? Unglücklic­h: Jonathan Tah (. von rechts) unterläuft in dieser Szene ein Eigentor zum :.
FOTO: ALEXANDER HASSENSTEI­N/GETTY Unglücklic­h: Jonathan Tah (. von rechts) unterläuft in dieser Szene ein Eigentor zum :.

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