Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Schreib mal wieder
Schriftliche Korrespondenz ist aus der Mode, wir kommunizieren heute digital. Schade eigentlich
Alte Schule im besten Sinne: In Zeiten von MessengerDiensten und Emojis ist der per Hand geschriebene Brief ein Stückchen romantische Zeitgeschichte. Warum wir öfter zu edlem Papier und Füller greifen und einen Brief verschicken sollten.
1 Geschichte des Briefs
Die Babylonier gelten als Pioniere des Briefeschreibens. Schon 1800 v. Chr. ritzten sie Mitteilungen, die sie anderen zukommen lassen wollten, in Tontafeln. Im Ägypten der Antike kam indes Papyrus als Schriftträger zum Einsatz, in Griechenland und Rom waren es Wachstafeln. Auf diese verschiedenen Weisen konnte man nicht nur öffentlich seine Meinung kundtun, sondern Mitteilungen mithilfe eines Kuriers auch an den Mann oder die Frau bringen.
Die lange Geschichte des Briefes ist natürlich auch mit der Entwicklung des Nachrichten- und Postwesens verknüpft. Im mittelalterlichen Frankreich war es etb üb h B f u h k n d n Po d Empfän g h m J h 1671 öffn te dann in Paris die erste Poststelle der Geschichte. Fortan gelangten Briefe deutlich schneller über die einzelnen Poststationen von A nach B.
Heute, rund 400 Jahre später, ist das Postwesen nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken. Dennoch: Wichtiges wird in diesen Tagen gerne auf anderem Wege übermittelt – elektronisch.
2 Der Briefkasten
Auch wenn bei manchem gerade das elektronische Postfach überquillt, der klassische Briefkasten hat noch lange nicht ausgedient. Und hier gibt es die unterschiedlichsten Modelle für jeden Geschmack und jede Wohnsituation. Während die einen lediglich einen Schlitz in der Türe haben, bauen sich andere kleine Kästchen auf, manch einer hat sogar ein eigenes Postfach für die Tageszeitung. Tatsächlich kann der Standort des Briefkastens viel über seinen Besitzer sagen. Es macht etwa bei Menschen, die auf größeren Grundstücken leben, einen Unterschied, ob man Briefträger und Co. lediglich bis zum Postfach am Gartentor oder direkt vor der eigenen Haustüre ihre Arbeit verrichten lässt. So setzt man – ganz analog – die Richtlinien für die eigene Privatsphäre in Sachen Postfach.
Was wiederum im Inneren von Wohnungen und Häusern mit den eingetrudelten Briefen passiert, ist Typfrage. Bei wem alles seinen Platz haben muss, der setzt vielleicht auf eine Briefablage oder einen Postkorb, andere heften sich die Post direkt an eine Pinn- oder Magnetwand und dann gibt es noch jene, die ihre Briefe gar nicht öffnen.
3 Botschaften fur die Ewigleit
Der beriihmieste Briefe-schreiber Deutschlands? Jo-hann Wolfgang von Goethe wa-re da eM Kandidat, and mar aus zweierlei Griinden. Der Dichter schrieb nicht nur selbst mit go-13er Hingabe Briefe an Freunde und Familie. Seine Begeisterung für den Brief ging deutlich tiefer. Als „die wichtigsten Denkmäler, die ein Mensch hinterlassen kann“hat der große Dichter den Brief einst beschrieben. Da war es nur konsequent, eines seiner bedeutendsten schriftstellerischen Werke in Briefform zu verfassen: So erzählt der junge Werther in Goethes tragischem Jahrhundertwerk in Textstücken von seinen Liebesqualen – das ganze endet mit Werthers Freitod. Vielleicht liegt die Intensität des Buches, nach dessen Erscheinen sich viele Leser – wie Werther – das Leben nahmen, zu einem Teil auch an der gewählten Briefform: Goethe trat mit diesem Kunstgriff besonders nah an seinen Protagonisten und dessen Gefühlswelt heran.
4 Rekordverdächtige Briefe
Nicht nur mit tragischen und schönen Zeilen können Briefe im Gedächtnis bleiben. Einige Mitteilungen sind so außergewöhnlich, dass sie rekordverdächtig sind. Die TVMagier „Ehrlich Brothers“stellten kürzlich den Weltrekord für den längsten Fanbrief auf. Dazu
f n h Pub kum d u uf, hn n B f u nd n und d s
n g m k m nb h che 74.000 Briefe zusammen, miteinander verbunden ergab sich so ein 23 Kilometer langer Fanbrief.
Auf großen Andrang stieß in den letzten Jahren auch eine Poststelle in einer kanadischen Kleinstadt. Immer im Dezember flattern in dem Ort „Christmas Island“Tausende von Briefen und Postkarten von Menschen aus der ganzen Welt ein, die ihre Feiertagsgrüße mit einem Poststempel noch festlicher wirken lassen möchten.
5 Korrespondenz heute
Der per Hand geschriebene Brief spielt hierzulande im Alltag der meisten Menschen keine allzu wichtige Rolle mehr. Das ist schade, denn jeder freut sich schließlich über eine Überraschung im Briefkasten und nette Zeilen. Vielleicht ist es an der Zeit, mal wieder den Füller und ein schönes Papier herauszukramen und lieben Freunden oder Verwandten einen Brief zu schreiben. Hierbei kann man sich auch gleich beim aktuellen Trend des Handletterings probieren, etwa mit schönen schnörkeligen Großbuchstaben oder kleinen selbst gemalten Elementen oder Stempelabdrücken auf dem Briefpapier. Das sieht dekorativ aus und sorgt für eine noch persönlichere Note.
„Briefe von geliebten Menschen verbrennt man gleich oder nie.“Marie von Ebner-Eschenbach, Schriftstellerin