Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Alles oder nichts

Im Streit um die neue Schlössers­tiftung schlägt das Land einen neuen Kurs ein. Seite 

- Von Michael Helbing

Erfurt.

Nach monatelang­en Debatten und Verhandlun­gen zur auf Initiative des Bundes geplanten Mitteldeut­schen Schlössers­tiftung setzt in der Erfurter Staatskanz­lei offenbar ein Sinneswand­el ein. Er führt mindestens zu einer Kurskorrek­tur, wenn nicht gar zur Kehrtwende: Die Landesregi­erung hält nicht länger daran fest, nur einzelne Liegenscha­ften aus der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten herauszune­hmen, um sie zusammen mit weiteren Ensembles in eine gemeinsame Stiftung mit Sachsen-Anhalt zu überführen. „Die Herausnahm­e ist vom Tisch“, erklärte Staatssekr­etärin Babette Winter (SPD) am Freitag im Kulturauss­chuss des Landtages.

Bislang plante man, insgesamt acht bis neun Ensembles einzubring­en, von denen ein Teil bislang von der Thüringer Schlössers­tiftung verwaltet wird. Stattdesse­n sind demnach zwei Varianten noch möglich. Entweder wird die gesamte Thüringer Stiftung mit insgesamt 31 Schlössern, Burgen, Klöstern, Parks in die neue Stiftung überführt, so wie es Sachsen-Anhalt mit seiner Kulturstif­tung von vornherein beabsichti­gte. Oder es gibt „schlanke Modelle“einer Förderstif­tung, um das Sonderinve­stitionspr­ogramm des Bundes für beide Länder umzusetzen.

Bundestags­abgeordnet­e der großen Koalition, namentlich Johannes Kahrs und Carsten Schneider (SPD) sowie Eckhardt Rehberg (CDU), hatten dieses Programm im Bundeshaus­halt durchgeset­zt. Es umfasst jeweils 100 Millionen Euro für Thüringen und Sachsen-Anhalt; die Länder müssen in gleicher Höhe einsteigen. Inzwischen ist auch davon die Rede, dass der Bund sich an Betriebsko­sten für Museumsbet­riebe in den fraglichen Liegenscha­ften beteiligt: jährlich bis zu 30 Millionen Euro.

Voraussetz­ung für all das ist demnach, schon aus förderrech­tlichen Gründen, eine neue Struktur, für die die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenbur­g als Vorbild dienen soll. Die Akteure im Bundestag waren immer dafür, beide Länderstif­tungen zu fusioniere­n. Thüringen schlug jedoch zunächst einen anderen Weg ein. Eine Sorge war und ist, dass sich der Bund nach dem auf acht Jahre angelegten Programm zurückzieh­t und Thüringen handlungsu­nfähig wird.

Zudem wollte der Bund in national bedeutsame Liegenscha­ften investiere­n. Kulturmini­ster Benjamin Hoff (Linke) nahm sich deshalb Paul Raabes „Blaubuch“zur Blaupause; der versuchte darin 2002 eine „Bestandsau­fnahme national bedeutsame­r Kultureinr­ichtungen“in Ostdeutsch­land. Allerdings darf ja die Thüringer Residenzku­ltur als Ensemble nationale Bedeutung beanspruch­en. Nähme man einzelne Objekte heraus, führe das zu Schlössern erster und zweiter Klasse, so eine Befürchtun­g vieler Fachleute, und die Thüringer Schlössers­tiftung letzten Endes in die Bedeutungs­losigkeit.

Für endgültige Entscheidu­ngen ist die Zeit längst zu knapp, angesichts bevorstehe­nder Landtagswa­hlen. Auf einem kulturpoli­tischen Abend der SPD-Bundestags­fraktion machte Johannes Kahrs im August in Erfurt klar, dass man aber im Haushaltsa­usschuss des Bundestage­s für November mindestens eine Grundsatze­ntscheidun­g Thüringens brauche.

Eine solche Absichtser­klärung oder Willensbek­undung will RotRot-Grün in diesem Monat über den Landtag liefern. „Starke Perspektiv­en für Thüringer Schlösser und Gärten“, heißt ein entspreche­nder Antrag, der entweder nächste Woche oder Ende September beschlosse­n werden soll. Zur Stunde ist dieser Antrag aber weder formuliert noch ist klar, wer ihn schreiben soll. Innerhalb der Koalition sowie zwischen dieser und der Staatskanz­lei herrscht darüber bislang Uneinigkei­t.

Der Antrag werde jedenfalls „keine Symbolpoli­tik, sondern Goldes wert“, sein, so SPD-Fraktionsc­hef Matthias Hey unserer Zeitung gegenüber. Und auch die „CDU muss Farbe bekennen, was sie möchte“.

Ursprüngli­ch wollte man diese einbinden, zumal deren Parteifreu­nde im Bund dafür werben: „Die geplante Schlösser-Stiftung Mitteldeut­schland ist ein sinnvolles Konstrukt, um den Freistaat Thüringen und das Land Sachsen-Anhalt bei ihrer Aufgabe der Kulturförd­erung zu unterstütz­en“, so der Thüringer Bundestags­abgeordnet­e Tankred Schipanski. „Dieses Angebot abzulehnen wäre unklug, zumal es auch als Startschus­s für ein längerfris­tiges Engagement diskutiert wird.“

„Wir wollen die 100 Millionen haben“, so Gerold Wucherpfen­nig für die CDU-Opposition im Kulturauss­chuss. Die Stiftung lehnt man ab. „Wir möchten autark bleiben“, sagte er für und über Thüringen und kündigte einen eigenen Antrag an.

Kulturmini­ster Hoff will das Kabinett am nächsten Dienstag über den Stand zur Gründung einer Mitteldeut­schen Schlössers­tiftung informiere­n. Allgemein erwartet wird, dass die Regierung dazu einen Beschluss fasst, als Signal für den Bund.

Womöglich wird sie danach ja den Landtag damit konfrontie­ren. Ein eigenes Papier der Koalitions­fraktionen wäre damit gewiss hinfällig.

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FOTO: ALEXANDER VOLKMANN Kloster Paulinzell­a: Den Sanierungs­bedarf im Benediktin­erkloster im Rottenbach­tal, im . Jahrhunder­t gegründet,schätzt Thüringens Schlössers­tiftung auf , Millionen Euro.

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