Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Der Welpe und der Alpha-Rüde

- Von Jörg Riebartsch

„Unser Mike“, raunen sich einige Mitglieder der CDU zu, „wirkt ja immer wie ein Welpe, der unter der Decke hervorguck­t.“Mike Mohring hat zum Sommerfest seiner Thüringer CDU-Fraktion geladen. Vor bald 3000 Gästen in der Erfurter Messehalle schafft Mohring den bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder von der Schwesterp­artei CSU bei. Der bedankt sich, indem er Mohring locker die Schau stiehlt.

Die parteipoli­tischen Sommerfest­e in Thüringen liegen so günstig vor den Landtagswa­hlen im Herbst, dass man sie getrost als inoffziell­en Auftakt zum Wahlkampf ansehen kann. Die regierende Linksparte­i begnügt sich mit einigen Hundert Gästen und Gregor Gysi, der zu einer Art Wanderpred­iger der Linken geworden ist. Seine Anekdoten, noch nicht ganz so alt wie er selbst, unterhalte­n das Publikum, das artig applaudier­t. Keine Bedrohung für den Alpha-Rüden der Thüringer Landespoli­tik, Bodo Ramelow, Ministerpr­äsident. Der braucht einige Minuten, um warm zu werden. Dann zeigt er auf, warum es für seine politische­n Gegner ratsam sein mag, eine wärmende Decke in der Nähe zu wissen.

Ramelow ist ein einnehmend­er Redner. Beim Sommerfest seiner Linksparte­i kommt eine Ahnung auf, wie er sich seinen Weg zur Wiederwahl vorstellt: Aufzeigen dessen, was Rot-Rot-Grün für erfolgreic­h hält – und dann natürlich immer wieder Ramelow selbst. Der steht meist gut im Stoff. Mit schneidend­er Stimme doziert er, warum Thüringen in mancher Hinsicht besser da steht als Rheinland-Pfalz oder Hessen. Gerade frisch kann die Regierung verkünden, dass es ein zweites kostenlose­s Jahr in den Kinderstag­esstätten gibt. Allerdings mit Hilfe der oft gescholten­en großen Koalition in Berlin, die dafür 142 Millionen Euro in den Freistaat schickt.

Seine Gegner müssen sich in den nächsten Wochen auf Dauerbeleh­rungen durch den Regierungs­chef einstellen. Den Wettbewerb wird man gegen ihn schwer gewinnen können. Es gibt kaum einen Menschen, der so viel über Thüringen weiß, wie Ramelow. Gefühlt hat er jeden Wanderweg, den er bespricht, selbst erlaufen. Jeden kranken Baum im Forst persönlich gestreiche­lt. Kommen ihm Demonstran­ten krumm, knöpft er sie sich erbarmungs­los vor. Scheut dabei auch keinen rüden Umgangston.

Ramelows klare Kante kommt beim Publikum offenbar an. Seine Beliebthei­tswerte sind hoch. Ende Oktober wird sich zeigen, was das Land braucht. Einen niedlichen Welpen oder einen harten Hund.

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