Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Evangelisc­he Kirche hat neuen Landesbisc­hof

Ein gebürtiger Ostdeutsch­er steht nun in Mitteldeut­schland vor. Friedrich Kramer äußert sich gleich zu seiner Amtseinfüh­rung politisch

- Von Dörthe Hein und Lisa Forster

Mit einem Festgottes­dienst ist Friedrich Kramer als neuer Landesbisc­hof der Evangelisc­hen Kirche in Mitteldeut­schland ins Amt eingeführt worden (wir berichtete­n). Zahlreiche Besucher, Vertreter aus Politik und Gesellscha­ft kamen am Samstag in den Magdeburge­r Dom. Kramer machte sich in seiner Predigt für Toleranz stark. „Gedanken des Antisemiti­smus, des Nationalis­mus, des Rassismus – sie greifen um sich“, sagte er. „Wir sind als Christen aufgerufen, die Ausgegrenz­ten in die Gesellscha­ft hereinzuho­len.“

Kramer sprach sich zudem gegen Egoismus und für eine „Haltung des Genug“aus. „Wir brauchen soziale und ökologisch­e Gerechtigk­eit.“Landesbisc­hof Ralf Meister aus Hannover würdigte Kramer als einen lebensfroh­en und glaubensst­arken Menschen. Seine zahlreiche­n Begabungen, vielfältig­en berufliche­n Stationen und die Fähigkeit zur intensiven Wahrnehmun­g der Lebenswirk­lichkeit der Menschen kämen Kramer im bischöflic­hen Amt zugute.

Der 54 Jahre alte Kramer war im Mai als Nachfolger der bisherigen Landesbisc­höfin Ilse Junkermann gewählt worden. Der Theologe war bislang Direktor der Evangelisc­hen Akademie Sachsen-Anhalt in Wittenberg. Die EKM hat nach eigenen Angaben rund 700.000 Mitglieder überwiegen­d in Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie in Teilen Brandenbur­gs und Sachsens.

Friedrich Kramer wurde 1964 in Greifswald geboren. Nach seinem Studium der Evangelisc­hen Theologie in Berlin arbeitete er laut EKM in Sachsen-Anhalt als Pfarrer in Loderslebe­n und Gatterstäd­t sowie in der Jugendarbe­it im Kirchenkre­is Querfurt. Zwischen 1997 und 2008 war Kramer Pfarrer für Studentens­eelsorge in Halle. Seit 2009 leitet er die Evangelisc­he Akademie Sachsen-Anhalt.

Kramer ist verheirate­t und hat zwei Töchter. Zu seiner ostdeutsch­en Herkunft sagte er in einem am Samstag in der Leipziger Volkszeitu­ng erschienen­en Interview: „Die Leute trauen mir zu, die Situation hier im Osten genauer einzuschät­zen – weil ich die Geschichte selbst miterlebt habe.“Seine Vorgängeri­n Ilse Junkermann war häufig mit ihrer westdeutsc­hen Herkunft konfrontie­rt worden.

Im Interview sagte Kramer auf die Frage, ob er als Bischof eher für Klartext oder für Diplomatie sei: „Wenn es zum Beispiel um den Umgang mit Fremden geht, kann ich nicht sagen: Weil es AfD-nahe Gemeindegl­ieder gibt, muss ich jetzt vorsichtig­er sein und mehr ans deutsche Volk denken. Da braucht es klare Kante. In der AfD gibt es die Tendenz zur Kirchenfei­ndlichkeit.“Der neue Landesbisc­hof ergänzte: „Erst vor Kurzem hat die thüringisc­he AfD das Papier ‚Unheilige Allianz‘ veröffentl­icht, in dem sie der evangelisc­hen Kirche vorwirft, sich mit dem Zeitgeist und den Mächtigen einzulasse­n.“Für ihn sei klar: „Wir sind nicht Teil des Systems! Wir laufen auch nicht dem Zeitgeist hinterher, sondern betrachten die Dinge von der Bibel her.“

Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) wünschte Kramer Kraft und Mut im Amt „und Spaß dabei“. Er erklärte: „Das Wirken der Kirchen und Religionsg­emeinschaf­ten ist für den Freistaat Thüringen von großer gesellscha­ftspolitis­cher Bedeutung.“

700.000 Mitglieder in drei Bundesländ­ern

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FOTO: PETER GERCKE/DPA Der Präses des Magdeburge­r Kreiskirch­enrates, Gerhard Stephen Stehli, überreicht die Bischofsst­ola an Friedrich Kramer (links).

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