Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Kubicki: FDP verstört Ältere
FDPVizechef Wolfgang Kubicki sieht die starke Konzentration seiner Partei auf eine junge Klientel kritisch. „Der sehr juvenile Auftritt der Freien Demokraten hat die über 60-Jährigen verstört. Die Kampagnen, die wir fahren, sind sehr bunt, sehr knallig. Wir reden von einem neuen Deutschland, von der digitalen Zukunft und gebrauchen sehr viele Anglizismen“, sagte der 67-Jährige in einem Podcast für den Privatsender RTL. (dpa)
Berlin.
Ein Wirtschaftschef auf der China-Reise über Merkels Einfluss
Merkel reist bei ihren Besuchen in China stets in eine andere Provinz, nicht nur in die Hauptstadt Peking. Duisburgs Partnerstadt Wuhan in der Region Hubei mit ihren vielen Seen, so beschreibt sie es später vor Studenten, habe sie des Öfteren aus der Luft gesehen. „Da wollte ich mal herkommen.“China übt eine gewisse Faszination auf die deutsche Regierungschefin aus. Sie ist fest davon überzeugt, dass gegen China in der heutigen Weltordnung kein Stich mehr zu machen ist.
Als sie auf der Brücke steht, hat sie einen diplomatischen Balanceakt bereits hinter sich: Einerseits die große Sorge der Welt um ein militärisches Eingreifen Pekings in Hongkong und die schwierige Menschenrechtssituation im Gastland darzustellen – und andererseits die Wirtschaftsdelegation nicht zu vergessen, die auf Geschäfte in China hofft. Auch deshalb, weil das China-Geschäft Arbeitsplätze in Deutschland sichert.
Die Pressekonferenz vom Freitag, bei der sie Hongkong offen anspricht und ihren Wunsch nach einer friedlichen Lösung klar darstellt, wurde in der Delegation noch lange diskutiert. Der deutsche Journalist, der die einzige Frage bekam, hatte auch Ministerpräsident Li Keqiang nach der Situation in Hongkong gefragt – obwohl die Gastgeber es ihm ausreden wollten. Erst schien der Ministerpräsident die Frage geflissentlich zu überhören, Merkel schaute ihn mehrfach von der Seite an, räusperte sich – schließlich antwortete er doch noch. Es war das erste Mal, dass ein Mitglied von Chinas Regierung überhaupt eine Problematik in Hongkong einräumte. Auch die Einladung von Staatspräsident Xi Jinping (der sie rein protokollarisch gar nicht empfangen müsste) zu einem Gespräch unter vier Augen und einem Abendessen kann als Zeichen der Entspannung gesehen werden. Merkel sei eine „Freundin Chinas“, heißt es in der chinesischen Presse. Dem Vernehmen nach wurde zwischen Präsident und Kanzlerin Klartext gesprochen, sowohl über den Handelskrieg mit den USA als auch über die Lage in Hongkong. Es ist ein außenpolitischer Erfolg. Merkel sieht sich international als Verteidigerin der westlichen Werte. Was kann die Kanzlerin noch bewirken? „Ihre klare Art, ihre Schnelligkeit im Denken und ihre Autorität“seien ungebrochen, attestiert ihr einer der mitgereisten Wirtschaftschefs. Aber ist sie nach ihren Zitteranfällen im Sommer körperlich überhaupt noch fit? Der 65-Jährigen sind die Strapazen des Nachtflugs anzumerken, nach einer kurzen Pause im Hotel wirkt Merkel aber wieder sehr frisch. Ihr Sitzen bei den militärischen Ehren vor der Großen Halle des Volkes war zuvor mit dem Protokoll der Chinesen abgestimmt. Aber warum? Hat Sie immer noch Angst vor Zitteranfällen? Das Sitzen sei rein prophylaktisch, heißt es in der Delegation. Merkel wirkt nicht schwach, sie meistert politische Treffen, zwei Firmenbesuche, eine Diskussion mit Studenten und immer wieder Briefings mit Beratern. Nur wenn sie länger stehen muss, wird die MerkelRaute manchmal abgelöst von einem Verschränken der Arme. Es sieht dann so aus, als wolle sie sich selbst ein wenig festhalten.
Wenn man in diesen Tagen der Ruhe vor dem Sturm, der über die GroKo durch die SPDVorsitzendenwahl kommen wird, mit Merkel reist, erhält man den Eindruck, dass sie sich innenpolitisch bereits ein Stück weit zurückgenommen hat. Was kommt, wenn die SPD die Regierung vorzeitig verlässt? Dass Merkel dann lange einer Minderheitsregierung vorsteht – unwahrscheinlich. Merkel beobachtet das Agieren ihrer Partei genau, analysiert das Verhalten der SPD für sich und in ihrem Team. Ihr wird aufgefallen sein, dass ihrer Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer gerade der Wind ins Gesicht bläst und ihre Beliebtheit deutlich nachlässt. Während mit ihrer eigenen Arbeit laut neuesten Umfragen 56 Prozent der Deutschen zufrieden sind. Merkel weiß aber auch, dass sie immer noch Zielobjekt offenen Hasses ist – vor allem vonseiten der AfD. Sie würde dagegen immer noch mit der internationalen Situation im Herbst 2015 argumentieren und ihre damaligen Entscheidungen nie öffentlich bereuen. Dass sie damit zur Polarisierung des Landes beigetragen hat, ist ihr wohl bewusst.
Die guten Ergebnisse der AfD gehen auch an Merkel nicht vorüber. Es werden Stimmen laut, die sich Klartext der Kanzlerin zum Ausgang der Wahlen in Sachsen und Brandenburg wünschen. Die kritisieren, dass sich Merkel aus allen innenpolitischen öffentlichen Debatten heraushält. Sie gibt derzeit selten Interviews, Pressekonferenzen im Inland nur dann, wenn sie einen ausländischen Staatsgast im Kanzleramt hat. Warum kein TV-Auftritt zur Stimmung im Land? In ihrer Lesart würde sie den Populisten dann mehr Aufmerksamkeit einräumen, als sie verdienen.
Jüngst sagte sie in Leipzig, alle Universitäten, die ihr einen Ehrendoktor gegeben haben, würden „sowieso noch von mir hören, wenn ich nicht mehr Bundeskanzlerin bin“. Noch ist es nicht so weit.
Die Flugstrapazen sieht man der Kanzlerin an
Die AfD-Ergebnisse gehen an Merkel nicht vorüber