Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Was ist die rechte Lösung für links?
Mit dem Ausfall des verletzten Verteidigers Nico Schulz stellt sich für Joachim Löw eine alte Frage neu
Dortmund.
Probleme waren Nico Schulz eigentlich nicht anzumerken gewesen, zumindest keine gesundheitlichen: Der Linksverteidiger hatte beim 2:4 (1:0) der deutschen Nationalmannschaft gegen die Niederlande am Freitagabend 90 Minuten auf dem Platz gestanden.
Es kam also eher überraschend, dass der DFB am Samstag mitteilte, dass Schulz einen Teilriss eines Bandes in der linken Fußwurzel erlitten hatte. Statt nach Belfast, wo es am Montagabend in der EM-Qualifikation gegen Tabellenführer Nordirland geht, reiste der 26Jährige nach Dortmund zu seinem Arbeitgeber Borussia – wo man eher damit rechnet, dass Schulz auch im Bundesligaspiel am Samstag gegen Bayer Leverkusen fehlen wird.
Für Schulz endet eine unglücklichen Länderspielreise: Gegen die Niederlande hatte er auf dem linken Flügel mit einigen Vorstößen und Hereingaben zwar durchaus für Gefahr gesorgt und auch den Handelfmeter zum zwischenzeitlichen 2:2 herbeigeführt. Aber er verlor auch viele Bälle durch Stockfehler und Fehlpässe.
Noch schwerer ins Gewicht fielen die defensiven Unzulänglichkeiten: Beim 1:1 kam er gegen den Torschützen Frenkie de Jong zu spät, auch das 1:2 hätte Nico Schulz fährt nicht mit dem DFB-Team nach Belfast. er durch ein beherzteres Eingreifen gegen den Flankengeber Memphis Depay wohl verhindern können.
Für Bundestrainer Joachim Löw bedeutet dies nun: Er muss einerseits gegen Nordirland einen Ersatz für Schulz finden, wofür der Kölner Jonas Hector oder der Leipziger Marcel Halstenberg in Frage kommen. „Beide sind eigentlich gleichauf“, sagt Löw. „Marcel spielt in Leipzig eine sehr gute Saison, Jonas kennt unsere Art zu spielen und unsere Abläufe sehr gut. Es wird eine Bauchentscheidung.“
Fraglich bleibt, wie sehr dabei die Bauchschmerzen stören, die der Freitagabend dem Bundestrainer bereitete. Denn er musste erkennen, dass die linke Seite eine schwierige Position bleibt, dass er noch immer keine Lösung gefunden hat, die ihm dort höchstes internationales Niveau garantiert.
Es ist ein Problem, dass den Bundestrainer schon länger verfolgt: Im Jahr 2012 beklagte er öffentlich, dass er sich nun mal keinen besseren Linksverteidiger als Marcel Schmelzer schnitzen könne, weshalb er notgedrungen mit dem Dortmunder weiterarbeiten müsse – eine bemerkenswerte Demontage des eigenen Spielers. Löw probierte viele Varianten und verwarf die meisten wieder: Dennis Aogo, Benedikt Höwedes, Hector und nun eben Schulz.
Inzwischen hat ihm die Liga eine etwas größere Auswahl als in vergangenen Jahren zugeführt, auch der Berliner Marvin Plattenhardt gehörte ja schon zur deutschen Elite-Auswahl – zuletzt allerdings beim 0:1 zum WM-Auftakt 2018 gegen Mexiko, was eher nicht als Referenz für internationales Format taugt. Nicht ausgeschlossen, dass Löw bald intensiver über das Schnitzen nachdenkt.