Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
So sehr profitieren Herzkranke von Bewegung
Das Sterberisiko sinkt erheblich, so das Ergebnis einer neuen Studie. Doch die Dauer der Aktivität ist entscheidend
Menschen mit HerzKreislauf-Erkrankungen profitieren von regelmäßiger körperlicher Bewegung noch mehr als Gesunde. Das berichten südkoreanische Mediziner um SangWoo Jeong von der Seoul National University nach einer großen Studie im „European Heart Journal“. Der Kardiologe Martin Halle von der TU München, der nicht an der Arbeit beteiligt war, spricht von einer „immensen Effektstärke“.
Die Studie untersuchte gut 440.000 Frauen und Männer mit einem durchschnittlichen Alter von knapp 60 Jahren, die zwischen 2009 und 2015 an einem Untersuchungsprogramm für Krankenversicherte teilnahmen. Etwa 130.000 von ihnen hatten eine Diagnose aus dem Bereich der Herz- und Gefäßerkrankungen – etwa Herzinfarkt, Schlaganfall, chronische Herzinsuffizienz oder koronare Herzerkrankung. Die übrigen 310.000 Teilnehmer hatten keine solche Diagnose. Zudem gaben alle Probanden an, wie viel sie sich bewegten.
Das Ausmaß der Bewegung verglichen die Wissenschaftler dann mit den Todesfällen in den folgenden etwa sechs Jahren. Resultat: Die Herz-Kreislauf-Patienten senkten ihr Sterberisiko mit körperlicher Aktivität deutlich stärker als die gesunden Teilnehmer.
24 Prozent der Herzgesunden und 27 Prozent der Herz-Kreislauf-Patienten treiben gar keinen Sport. Jene Patienten, die fünfmal pro Woche eine halbe Stunde lang flott gingen oder sich vergleichbar viel bewegten, reduzierten ihr Sterberisiko demnach um 14 Prozent. Bei Herzgesunden senkten vergleichbare Aktivitäten die Mortalität nur um sieben Prozent. Außerdem brachte bei den Gesunden ein stärkeres Ausmaß an Bewegung nur noch eine geringe Verbesserung. Herzkranke dagegen profitierten auch bei deutlich intensiverer Aktivität noch weiter.
„Wenn Sport ein Medikament wäre, dann ein Blockbuster – jeder würde es verschreiben“, kommentiert der Münchner Kardiologe Halle die Ergebnisse. Der Ärztliche Direktor des Zentrums für Prävention und Sportmedizin am Klinikum rechts der Isar weist aber darauf hin, dass die Studie sich auf Sport fokussierte, nicht aber auf andere körperliche Tätigkeiten wie Staubsaugen oder sonstige Hausarbeit: „Körperliche Aktivität zählte in der Studie nur, wenn sie mindestens 30 Minuten am Stück durchgeführt wurde. Nur bei höchster Intensität reichten auch 20 Minuten.“Auch ein- oder zweimal die Woche eine Dreiviertelstunde sei nicht genug, sondern zum Beispiel jeden Tag 30 Minuten zügiges Gehen. Wichtig sei zudem, betont Halle, dass die Patienten in der Studie ihr Sterberisiko nicht allein durch Sport senkten, sondern zusätzlich Medikamente nahmen.
Dennoch betont Halle: „Jetzt kann man Patienten mit noch mehr Nachdruck dazu raten, dass sie sich für Sport Zeit nehmen sollten.“Auch im Gesundheitssystem könne ein Umdenken angestoßen werden: „Zu Motivationszwecken sind die typischen Sportgruppen für Herzpatienten, die von den Krankenkassen gefördert werden, gut geeignet“, sagt Halle. „Allerdings ist ein- oder zweimal pro Woche eine Dreiviertelstunde nicht genug.“