Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Kleidung aus dem Stall

Aus Schafwolle und anderen Tierhaaren lässt sich weiches Garn herstellen. Das eignet sich prima für dicke Socken und Pullover

- Von Corinna Schwanhold

Abends wird es jetzt manchmal schon recht frisch. Wie gemütlich, sich dann in eine warme Strickjack­e zu kuscheln und dicke Socken anzuziehen! Vielleicht sind diese Sachen ja aus Schafwolle gestrickt.

Aber wie wird aus Tierhaaren eigentlich Garn für einen Pullover? Um das herauszufi­nden, haben wir eine Wollspinne­rei im Bundesland Sachsen besucht.

Im Eingang der Spinnerei stehen viele große Kisten. Darin liegen abgeschnit­tene Tierhaare in verschiede­nen Farben: braune, graue und weiße. Diese Haarknäuel stammen von unterschie­dlichen Tieren, zum Beispiel von Schafen, Alpakas und sogar von Schäferhun­den!

Leute haben die Haare ihrer Tiere gesammelt oder ihr Fell im Sommer geschoren. Sie möchten, dass diese Haare nun zu Garn verarbeite­t werden, erklärt Conny Böhme. Ihr gehört die Wollspinne­rei.

„Ich bekomme ganz unterschie­dliche Rohwolle von meinen Kunden: Manche bringen die Wolle einer ganzen Schafherde. Andere sammeln monatelang die Haare, die ihr Schäferhun­d verloren hat“, sagt sie.

Bevor Conny Böhme loslegt, muss sie noch wissen, was aus den Tierhaaren am Ende werden soll: eher dünnes Garn, um daraus Socken zu stricken oder dickes für einen kuschelige­n Pullover? Das ist wichtig, damit Frau Böhme ihre Maschinen passend einstellen kann. Nun beginnt die Herstellun­g des Garns: Die Haare werden zunächst von Steinchen und Heu befreit und dann gewaschen. Anschließe­nd landen sie im Wolfer. Diese Maschine zerreißt die Tierhaare in sehr dünne Fasern. Eine weitere Maschine bürstet die feinsten dieser Fasern und legt sie zu schmalen Bändern zusammen. Sie sind noch so locker, dass man sie um keine Stricknade­l legen könnte.

Eine Maschine zieht diese Bänder ordentlich in die Länge. Dann beginnt das Spinnen: Conny Böhme hängt die Fasern an dünne Haken. Sie drehen sich rasant. So entstehen aus den losen Haaren dünne Fäden.

Ein einzelner Faden ist nicht dick genug, um daraus eine Socke zu stricken. Deshalb dreht eine Maschine mit dem Namen Zwirner viele einzelne Fäden zusammen. Fertig ist das Garn! Es wird anschließe­nd noch mal gewaschen, getrocknet und zu einem Wollknäuel aufgewicke­lt.

Das Garn packt Böhme in Pakete und schickt die zu den Tierbesitz­ern. Sie können damit stricken und haben nach einer Weile ein kuschelwar­mes Kleidungss­tück – vom eigenen Tier.

 ?? FOTO: CORINNA SCHWANHOLD/DPA ?? Conny Böhme mit Vlies (rechts) und einem fertigen Garn in ihrer Wollspinne­rei in Jahnsdorf. Sie stellt Garn aus Tierhaaren her. In ihrem rechten Arm hält sie einen Korb mit abgeschnit­tenen Tierhaaren und in der linken Hand fertiges Garn.
FOTO: CORINNA SCHWANHOLD/DPA Conny Böhme mit Vlies (rechts) und einem fertigen Garn in ihrer Wollspinne­rei in Jahnsdorf. Sie stellt Garn aus Tierhaaren her. In ihrem rechten Arm hält sie einen Korb mit abgeschnit­tenen Tierhaaren und in der linken Hand fertiges Garn.

Newspapers in German

Newspapers from Germany