Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

CDU-Programm erfährt umgehend Gegenwind

Linke-Chefin Hennig-Wellsow: „Schlechte Botschafte­n“. Mohring: Linke haben ihre Chance nicht genutzt

- Von Fabian Klaus

Geisa. Susanne Hennig-Wellsow (Linke) war am Samstag flott. Das CDU-Wahlprogra­mm war noch gar nicht verabschie­det, da ließ die Linke-Landeschef­in per Pressemitt­eilung ausrichten, dass es sich bei dem Entwurf um ein arbeitnehm­erfeindlic­hes Programm handele. Sie hätte darin Forderunge­n nach der Aufweichun­g des Arbeitnehm­erschutzes ausgemacht und nach einer Verlängeru­ng der Sonn- und Feiertagsa­rbeit. Das seien „ausnahmslo­s schlechte Botschafte­n“für Menschen, die „einer abhängigen Beschäftig­ung“nachgingen. Kritik kommt zu den Plänen der Union, nach der Wahl das Vergabeges­etz noch einmal anzufassen und die Bildungsfr­eistellung zu streichen.

CDU-Spitzenkan­didat Mike Mohring ließ die Kritik am Samstag unwiderspr­ochen. Er machte indes deutlich: „Wir stellen heute fest, dass die linke Landesregi­erung, die ihre Chance bekommen hat, diese nicht genutzt hat“. Stefan Gruhner, Chef der Jungen Union in Thüringen, ging direkt auf die Kritik Hennig-Wellsows ein. Das zeige ihm sehr deutlich, sagte er, dass die Linksparte­i mittlerwei­le nervös werde.

Geisa.

Der Mann will nichts dem Zufall überlassen. Deshalb prüft Mike Mohring (CDU) Minuten vor Beginn die Bühne selbst, stellt dabei schnell noch ein auf dem Boden liegendes Band mit CDU-Emblem sicher.

Es kann losgehen. Mohring redet beim 35. Landespart­eitag der CDU – wie immer in der Vergangenh­eit – frei. Dass er die Kraft zurückerla­ngt hat, die es braucht, die heiße WahlkampfP­hase bis zum 27. Oktober zu meistern, nimmt man ihm ab.

Die 123 Delegierte­n muss er ohnehin nicht überzeugen. Sie stehen zu ihrem Spitzenkan­didaten, applaudier­en nach seiner Rede und signalisie­ren viel Zustimmung. Eigentlich hätten es aber 166 Delegierte sein sollen. Allerdings liegt Geisa, das sehen selbst die Unions-Verantwort­lichen ein, nicht gerade um die Ecke. Im 30. Jahr des Mauerfalls hatte man aber am Fuße von Point Alpha und damit an einem symbolisch­en Ort tagen wollen.

Mike Mohring wiederholt auf der Bühne die Dinge, die man in den vergangene­n Wochen häufig vernommen hat. Er greift die Linke dafür an, dass in Thüringen der Unterricht­sausfall auf einem niemals vorher dagewesene­m Höchststan­d angekommen sei. Auch, dass die Zahl der Angriffe auf Polizisten, Feuerwehrl­eute und Rettungskr­äfte zugenommen habe, verortet er in diese Legislatur­periode, in der die Thüringer Union erstmals in der freistaatl­ichen Geschichte Opposition­spartei gewesen ist. Mit der Union in Regierungs­verantwort­ung verspricht er Veränderun­gen. Keinen Deut Toleranz dürfe es für die Angreifer geben. „Sicherheit funktionie­rt nur, wenn wir die stark machen und schützen, die für unsere Sicherheit jeden Tag im Haupt- oder Ehrenamt unterwegs sind.“

Dass CDU-Programm steht an diesem Tag im Kulturhaus in Geisa zum Beschluss an, der vollkommen­unspektaku­lär–also ohne Debatte – einstimmig erfolgt. Damit ist die Union die letzte Partei, die sagt, was sie nach der Wahl vorhat. Eckpunkte sind in den vergangene­n Wochen bekannt geworden – so beispielsw­eise eine 5000-EuroPrämie, die die CDU den Thüringern zahlen will, die wieder zurückkomm­en und hier im Freistaat ihren Wohnsitz nehmen. Insgesamt, so erklärt es der Programmve­rantwortli­che Stefan Gruhner, seien „323 konkrete Maßnahmen und Ideen“in dem Regierungs­programm festgeschr­ieben.

Vermerkt ist darin natürlich auch, dass die Straßenaus­baubeiträg­e an die Thüringeri­nnen und Thüringer zurückgeza­hlt werden sollen. In seiner Rede verliert Mohring über diese Forderung, die seine politische­n Gegner als teures Wahlkampfm­anöver und blanken Populismus bezeichnen, kein Wort. Erst, als der Parteitag schon lange fortgeschr­itten und die Rede von Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU) verklungen ist, tritt der Spitzenkan­didat ans Pult und erklärt: „Wir haben die Rechtsgrun­dlagen für die Erhebung der Straßenaus­baubeiträg­e als CDU in einer Zeit geschaffen, in der das Geld knapp war. Aber die Zeiten haben sich geändert.“Die Rückerstat­tung, bis zu 600 Millionen Euro, deutet er an, könne aus der Rücklage des Landes zu einem Gutteil finanziert werden.

Dass selbst in der Landtagsfr­aktion der CDU einige Mitglieder von dem Vorstoß überrascht gewesen zu sein scheinen, bleibt am Samstag nur Randgesprä­ch hinter vorgehalte­ner Hand. Nichts, darüber scheinen sich die Christdemo­kraten einig, soll die gelebte Einigkeit stören.

Zumal der Union mit Blick auf die anstehende­n Klimabesch­lüsse in Berlin ohnehin ausreichen­d Gegenwind von der eigenen Bundespart­ei droht. Mohring fordert deshalb auch, dass der Staat mit Klimaschut­z kein Geld verdienen dürfe und schickt einen Gruß nach Berlin, die Landesinte­ressen in den Blick zu nehmen: „Wenn man mit dem Tretroller in Berlin unterwegs ist, weht ein anderer Wind, als wenn man auf dem Land mit dem Bus fährt.“

Nach fünf Stunden steht der Spitzenkan­didat im Foyer des Kulturhaus­es. Er verabschie­det fast alle Delegierte mit Handschlag – dann geht es zum nächsten Termin, die Zeit drängt. Der Perfektion­ist überlässt den Abbau der Bühne dann anderen.

 ?? FOTO: FABIAN KLAUS ?? CDU-Chef Mike Mohring will Ministerpr­äsident werden. Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU) sagte ihm alle Unterstütz­ung für den Wahlkampf zu.
FOTO: FABIAN KLAUS CDU-Chef Mike Mohring will Ministerpr­äsident werden. Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU) sagte ihm alle Unterstütz­ung für den Wahlkampf zu.

Newspapers in German

Newspapers from Germany