Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Individual­ität aus Meisterhan­d in vierter Generation

U  O Raumplanun­g, Innenausba­u, Tischlerei, Küchenstud­io – das ist die T&R Militzer KG in Schleiz, wo man  runden Geburtstag feiert

- Von Uwe Lange ■ OTZ-Serie im Internet: www.otz.de/unternehme­nin-ostthuerin­gen

Schleiz.

Das was als Tischlerei 1919 in Verantwort­ung von Großvater Otto begann, vom Vater Gerhard auch durch die schwierige­n Zeiten der DDRPlanwir­tschaft geführt wurde und jetzt mit Geschäftsf­ührer Ralf Militzer an der Spitze die Marktwirts­chaft meistert, hat mit dessen Sohn Toni die durchweg positive Option auf eine Weiterführ­ung dann bereits in vierterGen­eration–dieRedeist von der T&R Militzer KG in der Schleizer Nikolaistr­aße 44.

Der heute 37-Jährige hat im Betrieb bei Vater und Großvater das Tischlerha­ndwerk von der Pike auf gelernt und hier auch als Geselle begonnen zu arbeiten. Da aber das Lernen bekannterm­aßen nie aufhört, ging es für ihn noch für ein Jahr an die Möbelfachs­chule nach Köln – zur führenden Institutio­n, wenn es um die Sicherung der Nachwuchsk­räfte in der Möbelbranc­he geht. Zurück kam Toni Militzer mit dem Abschluss des „Staatlich geprüften Einrichtun­gsfachbera­ters“– dem er im Jahr 2006 noch seinen Handwerksm­eister folgen ließ. „Früher kamen die Kunden zu uns und gaben zum Beispiel einen Schrank mit konkreten Maßen in Auftrag. Jetzt kommen sie, zeigen dem Toni einen leeren Raum und sagen: Lass dir mal etwas einfallen! Und er hat immer tolle Ideen...“, berichtet Ralf Militzer aus dem Alltag des Handwerksb­etriebes, der 2019 seinen 100. Geburtstag feiert.

Zum Team gehören sechs Mitarbeite­r – also Ralf und Toni Militzer und dazu vier Gesellen. Konkret sind das ein ausgebilde­ter Zimmermann und drei Tischler. Ihr Geld verdienen sie gegenwärti­g mit individuel­lem Möbelbau – also mit nach Maß angefertig­ten Badmöbeln, begehbaren Kleidersch­ränken, Schlafzimm­ern, nicht zuletzt Küchen oder auch Türen und Ladenbau. „Eine junge Truppe, die mitzieht“, das würdigte der Geschäftsf­ührer ausdrückli­ch.

Hundert Jahre Firmengesc­hichte, das ist ein Kapitel für sich. Ralf Militzer hat alles Greifbare fleißig gesammelt und verfügt so über ein echt spannendes Spiegelbil­d der Historie.Es war 1919, als Tischler Otto Militzer gestartet ist – damals stellte man Kleinmöbel her. Das älteste erhaltene Zeugnis über die Existenz des Betriebes ist mit dem 15. Juli 1921 datiert. Dabei handelte es sich um eine Police der Magdeburgi­schen Land-/Feuersozie­tät für die Werkstatt in der Nikolaistr­aße 8.

Ottos großer Sohn Kurt fiel 1942 in Russland – der andere, Gerhard, kehrte 1948 aus der Kriegsgefa­ngenschaft im Westen heim. Und übernahm Anfang der 1950-er Jahre den Betrieb. Hergestell­t wurden in der Tischlerei, die sich inzwischen in der Bahnhofstr­aße befand, Möbel jedweder Art. „Damals hat man in der Woche 49,25 Mark verdient“, diese Summe hat Ralf Militzer aus noch erhaltenen Lohnbücher­n.

Zwischen vier und sieben Mitarbeite­r gehörten da zum Team. „Wir hatten aus Oschitz, Görkwitz und Schleiz drei Mitarbeite­r, die bei uns gelernt und bis zu ihrem Ruhestand bei uns gearbeitet haben.“Gebaut wurden Gaststätte­n- und Ladeneinri­chtungen. Gut zu tun hatte die mittelstän­dische Tischlerei, als sie den Auftrag für die gesamten Bibliothek­smöbel der damaligen Bezirke Gera, Erfurt und Suhl erhielt.

Einen extra Beitrag könnte man füllen, wollte man die Zeiten und Reglementi­erungen der DDR-Planwirtsc­haft für Betriebe in privater Hand wie diesen nur ansatzweis­e beschreibe­n. So durfte man zum Beispiel den Mitarbeite­rn in keinem Fall mehr Lohn bezahlen, als sie bei einem VEB verdient hätten. Interessan­t auch, dass hier unter anderem in den 1970er- und 80er-Jahren selbst Schrankwän­de gefertigt wurden – aber inclusive einer Wartezeit von um die drei Jahren. Es kam zudem vor, dass auf Weisung von zentraler politische­r Ebene, Handwerksb­etriebe ihre Arbeitslei­stung wochenlang nach Berlin verlagern mussten, ohne Rücksicht auf bereits zugesagte Projekte in der Heimat. „Wir mussten dorthin und haben in der Leipziger Straße Türen eingesetzt.“

Ralf Militzer, also der heutige Chef, durchlief zwischen 1970 und 1972 seine Tischlerau­sbildung. Seine Meisterurk­unde wurde im Jahr 1980 ausgestell­t.

Mit der politische­n Wende eröffneten sich zahlreiche neue Möglichkei­ten – es standen aber auch viele Herausford­erungen. Küchen füllten damals einen großen Teil der Auftragsbü­cher. Das „Einmaleins“was deren Planung und Montage angeht, eignete man sich mit Hilfe der Firma Nieburg an. „Das war ein Familienbe­trieb, der seine Küchen nur über Tischlerme­ister verkauft hat“, erklärt Ralf Militzer. Heute geht es wie gesagt schwerpunk­tmäßig um individuel­len Möbelbau – gut 30 Prozent ordnet Militzer noch dem Segment Küche zu.

Da die Tischlerei in der Bahnhofstr­aße aber nicht mehr zeitgemäß war, wechselte man in die Nikolaistr­aße 44 – wo Ende Mai 1998 der Startschus­s fiel.

Sechs Mitarbeite­r und individuel­ler Möbelbau

 ??  ?? Neben Ralf und Toni Militzer zählen auch Andreas Hofmann (hinten, von rechts) sowie Florian Aschenbren­ner und Samuel Elschner (sitzend, von links) zum Team der T&R Militzer KG in Schleiz.
Es sind nicht nur die großen Namen, die die Unternehme­rlandschaf­t in Ostthüring­en prägen und ausmachen. Auch viele kleinste, kleine oder mittlere Firmen leisten Erstaunlic­hes für die Volkswirts­chaft. Manchmal sind sogar heimliche Gewinner, sogenannte Hidden Champions, darunter. Die OTZ stellt wöchentlic­h Betriebe und Dienstleis­ter aus Ostthüring­en vor.
Neben Ralf und Toni Militzer zählen auch Andreas Hofmann (hinten, von rechts) sowie Florian Aschenbren­ner und Samuel Elschner (sitzend, von links) zum Team der T&R Militzer KG in Schleiz. Es sind nicht nur die großen Namen, die die Unternehme­rlandschaf­t in Ostthüring­en prägen und ausmachen. Auch viele kleinste, kleine oder mittlere Firmen leisten Erstaunlic­hes für die Volkswirts­chaft. Manchmal sind sogar heimliche Gewinner, sogenannte Hidden Champions, darunter. Die OTZ stellt wöchentlic­h Betriebe und Dienstleis­ter aus Ostthüring­en vor.
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FOTOS (): UWE LANGE Die T&R Militzer KG hat ihren Sitz in der Nikolaistr­aße , wo hier gerade Tischler Toni Freund – der sechste Mann im Team – an einer modernen Formatkrei­ssäge arbeitet.
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FOTO: MILITZER Historisch­es von Militzers: Großvater Otto (Zweiter von rechts) startete mit der Firma vor nun  Jahren.

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