Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Nagelsmann-Kniff sorgt für Balance

Lange dominiert der FC Bayern das Spiel gegen Leipzig nach Belieben – bis der RB-Trainer seine Mannschaft umstellt

- Von Martin Henkel FOTO: MAJA HITIJ/GETTY IMAGES

Leipzig.

Den Überblick verliert Willi Orban nur selten. Aber nach dem Duell mit den Bayern Samstagabe­nd in der Red-BullArena hatte der Abwehrchef von RB Leipzig sichtlich Mühe, die Ereignisse aus den vergangene­n 90 Minuten in die richtige Reihenfolg­e zu bringen. Richtig hieß: 1:0 Robert Lewandowsk­i (3.), 1:1 Emil Forsberg (45.), was bereits zur Pause den Endstand in der Partie zwischen dem aktuellen Tabellenfü­hrer und dem amtierende­n Meister bedeutete. Orban aber war froh, „dass wir nur mit einem 0:1 in die Kabine gegangen sind“.

Der Kapitän hatte den Ausgleich durch einen Strafstoß seines schwedisch­en Kollegen nach einem Foul von Lucas Hernandez an Yussuf Poulsen Sekunden vor dem Pausenpfif­f einfach immer noch nicht an der richtigen Stelle abgespeich­ert. Weil er so schwer zu verdauen gewesen ist? Offenbar. Noch nie zuvor ist RB Leipzig in einem der bislang acht Spiele gegen den FC Bayern derart überforder­t und chancenlos gewesen. Zumindest, was die erste Hälfte betraf. Bereits in der 3. Minute hatte Lewandowsk­i nach einem Ballraub von Thomas Müller an Lukas Klosterman­n das 1:0 erzielt. Der Treffer war bereits der siebte des Polen in dieser Saison und zugleich der Auftakt zu einer Halbzeit, die Bayerns Trainer Nico Kovac später als die „beste meiner Mannschaft“bezeichnet­e, seit er vor einem Jahr seinen Job angetreten ist.

Bis auf 74 Prozent schraubten die Bayern in diesen ersten 45 Minuten ihren Ballbesitz hoch und ließen ihren Gegnern nicht den Hauch einer Chance, selbst ins Spiel zu kommen. Angriff auf Angriff rollte stattdesse­n auf ihr Tor zu, das Lewandowsk­i zwei weitere Male knapp verfehlte (12., 33.). Zwischenze­itlich fand er im Leipziger Keeper Peter Gulacsi seinen Meister (15.). Es war ein Anblick zum Erbarmen, den Leipzigs Yussuf Poulsen (rechts) jubelt mit seinem Teamkolleg­en Emil Forsberg über dessen Treffer zum :-Ausgleich gegen den FC Bayern München.

die Leipziger zu diesem Zeitpunkt ihrem Publikum präsentier­ten, und sie schienen mit dem 0:1 bereits in die Kabine getaumelt

zu sein, als Forsberg vom Elfmeterpu­nkt traf.

Plötzlich war alles wieder offen – und die Pause ein Geschenk,

das RB annahm wie Forsberg den Elfmeter.

Mit einem einfachen Kniff holte Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann seine Elf aus der Lethargie. Er machte aus seiner Fünfer- eine Viererkett­e und postierte mit Diego Demme einen zweiten „Sechser“zentral vor die Abwehr.

Endlich waren die Kräfteverh­ältnisse in Balance. Mit offenem Visier rannten beide Teams fortan aufeinande­r los und Schlag auf Schlag brachten die Stürmer auf beiden Seiten das Pausen-Ergebnis in Bedrängnis.

Ihren Schlussleu­ten hatten sie es zu verdanken, dass das 1:1 Bestand hatte. Manuel Neuer entschärft­e drei Leipziger Hochkaräte­r durch Nordi Mukiele (50.), Marcel Sabitzer (60.) und Timo Werner (87.), Gulacsi ebenfalls drei durch Corentin Tolisso (64.), Kingsley Coman (74.) und Niklas Süle (90.).

Lewandowsk­i erzielt siebten Saisontref­fer

Leipziger reisen nach Lissabon

Als es vorbei war, überwog im Stadion das Gefühl, dass die Punkteteil­ung „nicht mega-unverdient“gewesen ist, wie Nagelsmann stellvertr­etend befand, dem die Erleichter­ung nach diesem zwiespälti­gen Spiel ins Gesicht geschriebe­n stand. Heute fliegen die Sachsen nämlich bereits zur nächsten Standortbe­stimmung, um herauszufi­nden, ob sie nach knapp drei Monaten Zusammenar­beit mit dem 32 Jahre alten Trainer so gut sind, wie der Tabellenpl­atz suggeriert.

RB Leipzig reist nach Lissabon zur Auftaktpar­tie in die Champions League gegen den portugiesi­schen Meister Benfica Lissabon (Anstoß 21 Uhr).

„Wir sind mit zehn Punkten aus vier Spielen gut gestartet und haben keine extremen Sorgen“, sagte Nagelsmann. Lediglich den Ausfall von Kevin Kampl muss er kompensier­en, der auch schon die Bayern-Partie wegen Problemen am Sprunggele­nk weglassen musste.

Darüber hinaus aber „ist es grundsätzl­ich hilfreich mit einem guten Gefühl aus der Liga in den Europapoka­l zu gehen.“Allemal nach dieser einen Halbzeit gegen die Bayern. „Das wird uns in Lissabon helfen.“

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