Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Mehr Flächen für Windräder gefordert

Ohne grundlegen­de Kurskorrek­turen verfehlt Deutschlan­d laut Machnig die Klimaziele. Bau neuer Speicher zwingend

- Von Bernd Jentsch ARCHIV-FOTO: MARCO KNEISE

Erfurt.

Deutschlan­d wird seine Klimaschut­zziele klar verfehlen, wenn man nicht politisch klar umsteuert. „Wir fallen von Jahr zu Jahr bei den Themen Energiewen­de und Klimaschut­z weiter zurück“, warnte der frühere Thüringer Wirtschaft­sminister Matthias Machnig (SPD) gestern in Erfurt. Statt der angestrebt­en Senkung der Treibhausg­ase bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent werde man nur 32 oder bestenfall­s 33 Prozent erreichen, sagte Machnig. „Die Vorgabe für 2020 erreichen wir wohl erst 2027“, warnte der ExPolitike­r, der heute für die Firma Innoenergy in Karlsruhe arbeitet, die Start-ups im Bereich erneuerbar­e Energien finanziert.

Notwendig seien wesentlich drastische­re Maßnahmen. Momentan gehe der Ausbau der erneuerbar­en Energien hier in Deutschlan­d nicht voran. „Der Ausbau der Windenergi­e ist zum Stillstand gekommen, die Genehmigun­g einer neuen Windenergi­eanlage dauert bis zu 59 Monate“, so Machnig. Er forderte eine verbindlic­he Vorgabe für alle Bundesländ­er, die zwei Prozent ihrer Landesfläc­hen für Windanlage­n ausweisen sollen.

Es könne nicht sein, dass einige Länder so täten, als ginge sie das Thema nichts an, kritisiert­e Machnig, dass es in Bayern quasi keine Windkrafta­nlagen gebe. Dort sei die Industrie ansässig und werde Strom gebraucht, was Leitungen in großen Umfang erforderli­ch mache, die aber auch nicht gebaut werden.

Der Ausbau des Stromnetze­s sei für ein Industriel­and wie Deutschlan­d unerlässli­ch, um die Versorgung­ssicherhei­t zu gewährleis­ten. Schon jetzt gebe es sogenannte­n Geisterstr­om. Der werde von Windenergi­e- und Solaranlag­en erzeugt, könne aber nicht eingespeis­t werden, um die Netze nicht zu überlasten. Dafür seien bereits 400 Millionen Euro als Entschädig­ungen an die Betreiber der Anlagen gezahlt worden.

Allein im Sommer dieses Jahres habe es drei oder vier Tage gegeben, an denen es massive Engpässe im Netz gab, forderte Machnig den Aufbau „intelligen­ter Netze“. Allerdings müsse die Politik Anreize für die Netzbetrei­ber schaffen, damit diese in Backup-Kapazitäte­n investiert­en.

Obwohl bereits mehr als 160 Milliarden Euro in die Energiewen­de geflossen seien, ist der Strompreis in Deutschlan­d wesentlich höher als in anderen Ländern, kritisiert­e Machnig: „Wir sind nicht wettbewerb­sfähig, wenn die Verbrauche­rpreise für Strom um 43 Prozent über den Durchschni­ttswerten liegen und auch die deutsche Industrie 50 oder 60 Prozent mehr für den Strom zahlen muss, als ihre internatio­nale Konkurrenz“.

Notwendig sind aus der Sicht des Ex-Staatssekr­etärs im Bundeswirt­schaftmini­sterium eine klare Bepreisung von Kohlendiox­id und zwar am besten über eine Steuer statt über Zertifikat­e. Er wisse, dass Steuererhö­hungen nicht populär seien, aber allein der Aufbau eines Zertifikat­e-Handels werde drei Jahre dauern, Zeit die man nicht verschwend­en dürfe.

Die Deckel, die den Ausbau der Wind- und Sonnenener­gie begrenzen, müssten abgeschaff­t, die Pumpspeich­erwerke müssten von der EEG-Umlage befreit werden. „Ohne Speicher scheitert die Energiewen­de“, ist Machnig überzeugt. Daher müsse auch die Batteriefo­rschung voran getrieben werden.

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Matthias Machnig
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