Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Ziegenkäse immer beliebter

Lars Rehmann aus einer Käserei im Altenburge­r Land erklärt, warum die männlichen Tiere für das Milchprodu­kt sehr wichtig sind

- Von Johanna Uchtmann

Lumpzig.

„Ziegenböck­e kann man nicht melken.“Bernd Merscher fängt ganz vorne an, wenn man ihn fragt, was Züchter wie er eigentlich mit den Böcken anstellen. Und er lacht auf die Frage, ob die armen männlichen Ziegen nutzlos neben den wertvollen weiblichen herlaufen und einfach nur fürchterli­ch stinken. Merscher hat einen Ziegenhof im rheinland-pfälzische­n Karbach und ist Vorsitzend­er des Bundesverb­ands Deutscher Ziegenzüch­ter. Und er besitzt etwas Seltenes: eine Fleischzie­genherde. Merscher weiß, was man mit den Böcken macht.

Auf der Hand liegt, was die weiblichen Tiere leisten: Der Käse aus ihrer Milch wird immer beliebter. Zahlen zu den Absatzmeng­en sind allerdings rar. Im Abschlussb­ericht einer Systemanal­yse der Schaf- und Ziegenmilc­hproduktio­n in Deutschlan­d, die das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um von 2014 bis 2017 gefördert hat, ist von „seit Jahren steigender Beliebthei­t“die Rede. Konkrete Zahlen sind nur zur Nachfrageä­nderung von 2014 bis 2015 zu finden: Sie stieg von 12.900 auf 13.300 Tonnen. Aber alle Experten bestätigen, dass die Nachfrage in den vergangene­n Jahren zugenommen habe.

Lars Rehmann spricht von Käse wie von einer Droge: „Man steigt ja meist mit Frischkäse ein, dann kommt Rahm und dann wird es immer würziger“. Als „Einstiegsk­äse“eigne sich ein milder. Besonders gut beobachten könne man die Käsetheori­e bei Ziegenkäse. Der hat das Image, besonders streng zu schmecken, und ist daher eher etwas für – um im Bild zu bleiben – Junkies. Rehmann arbeitet für die Käserei Altenburge­r Land in Lumpzig, die den Grünen Altenburge­r Ziegenkäse herstellt und damit wirbt, eine besonders milde Variante zu produziere­n.

Schuld am strengen Ziegenkäse­geschmack sei der Bock, erklärt Rehmann. Denn der Bock stinkt und hat den Ziegenprod­ukten, vom Käse bis zum Fleisch, zu ihrem strengen Image verholfen. Aus einem simplen Grund sei die Nachfrage nach Ziegenkäse in den vergangene­n Jahren stark gestiegen, sagt er. Früher seien Milchziege­n und die stinkenden Böcke zusammen gehalten worden. Und allein das habe ausgereich­t, damit die Milch der Ziege den Geschmack des Bockes annehme. Heute hielten Bauern die männlichen und weiblichen Tiere in der Regel getrennt, was den Käse milder und massentaug­licher gemacht habe.

Also ist der Bock das große Problem der Ziegenbran­che? Ein bisschen klingt es jedenfalls so, wenn man den Abschlussb­ericht der Marktanaly­se liest. Immer wieder ist von einem Dilemma die Rede: „zu viele männliche Kitze“. Als eine „drängende Herausford­erung“bezeichnet der Bericht „das wachsende Angebot an männlichen Schlachtki­tzen; hier müssen Vermarktun­gsoptionen geschaffen werden“.

Auch darüber kann Ziegenzüch­ter Bernd Merscher nur lachen. „Es gibt einen hervorrage­nden Markt für Ziegenflei­sch“, sagt Merscher. Er hat 350 Tiere in seiner Herde. „Wir verkaufen alles an privat oder an gehobene Gastronomi­e. Da ist der Markt einfach vorhanden.“Vor allem die jungen Ziegen, weibliche und männliche, seien eine Delikatess­e. Sie schmeckten gar nicht streng, wenn sie jung genug seien.

Merscher und seine Fleischzie­genherde sind aber eher die Ausnahme, sagt auch Anna Kirchner vom Deutschen Tierschutz­bund. „Ziegenflei­sch ist nach wie vor in Deutschlan­d eine eher seltene Spezialitä­t und hat ein verkaufshe­mmendes Image: streng, zäh, Bockgeschm­ack“, erklärt sie. (dpa)

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FOTO: FEDERICO GAMBARINI/DPA Der Ziegenbock macht den Geschmack beim Ziegenkäse aus.

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