Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Knappes Rennen bei Parlaments­wahl in Israel

Likud von Premiermin­ister Netanjahu und Blau-Weiß-Partei von Herausford­erer Gantz nahezu gleichauf

- Von Mareike Enghusen

Tel Aviv.

Die Wahlbüros in Israel haben geschlosse­n, doch die großen Fragen sind offen: Laut Wahlnachbe­fragungen verschiede­ner Fernsehsen­der liegen die Likud-Partei des amtierende­n Premiermin­isters Benjamin Netanjahu und die BlauWeiß-Partei seines Herausford­erers Benny Gantz bei der Parlaments­wahl nah beieinande­r. Ein Sender sieht beide Parteien gleichauf mit je 32 Sitzen, laut zwei anderen Befragunge­n liegt Blau-Weiß knapp vorn mit ein bis zwei Sitzen.

Als Gewinner lässt sich bisher nur einer bezeichnen: Avigdor Lieberman, Vorsitzend­er der rechts-säkularen Splitterpa­rtei „Israel Beitenu“(Unser Heim Israel). Er ließ nach der Wahl im April Netanjahu abblitzen, der die fünf Sitze von „Israel Beitenu“zur Koalitions­bildung gebraucht hätte – und wurde dafür bei dieser Wahl belohnt: Eine Wahlnachbe­fragung schreibt „Israel Beitenu“zehn Sitze zu, doppelt soviel wie im April. Liebermans harter Kurs gegen die ultraortho­doxen Parteien, denen er vorwirft, der Mehrheitsb­evölkerung ihre religiösen Regeln aufzwingen zu wollen, hat sich ausgezahlt.

Für Netanjahu ist das ein großes Problem: Niemand rechnet damit, dass Lieberman sich für ein Bündnis mit Netanjahu erwärmen lässt. Ohne Liebermans Partei jedoch kommt der Block aus rechten und religiösen Parteien, die hinter Netanjahu stehen, nach aktuellem Stand nur auf 54 bis 57 Sitze – verfehlt also die Mehrheit von mindestens 61 Sitzen, die zur Regierungs­bildung nötig ist.

Damit ist der Weg zur Macht für seinen Herausford­erer Benny Gantz jedoch längst nicht frei. Der Mitte-Links-Block erreicht wie erwartet ebenfalls keine Mehrheit. Immerhin gibt es schon jetzt einige gute Neuigkeite­n für die israelisch­e Linke: Die beiden linken Parteibünd­nisse „Avoda-Gesher“und „Demokratis­ches Camp“, die sich beide gefährlich nah an der 3,25-Prozent-Hürde bewegten, haben wohl beide den Sprung ins Parlament geschafft. Daran gescheiter­t ist offenbar die hartrechte araberfein­dliche Partei „Otzma Yehudit“(Jüdische Stärke).

Welche Koalition unter welchem Regierungs­chef das Land regieren wird, ist nicht abzusehen. Die bequemste Mehrheit würde eine Koalition der beiden großen Parteien erreichen, eine „Einheitsre­gierung“aus Likud und Blau-Weiß. Aber Gantz hat versproche­n, nicht mit Netanjahu zu koalieren.

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FOTO: HEIDI LEVINE Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu bei der Stimmenabg­abe in Jerusalem.

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