Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Von Aufrüttlern und Abwieglern
„Vor Sonnenaufgang“von Palmetshofer nach Hauptmann feiert an diesem Sonnabend in Rudolstadt Premiere
Rudolstadt.
Die polarisierte Gegenwart genau ins Visier nimmt Ewald Palmetshofer mit seiner Version von Hauptmanns „Der Sonnenaufgang“. Sein Stück zeigt – wie schon 130 Jahre zuvor bei Hauptmann – eine Gesellschaft, die angesichts immer größer werdender Differenzen auseinanderzuklaffen droht. Ist die Zukunft schon verspielt? Am Samstag, 21. September, hat das Schauspiel im Theater Rudolstadt Premiere.
Von außen betrachtet läuft alles gut – so auch bei Familie Krause. Die Autofirma floriert, die älteste Tochter ist liiert und hochschwanger, der Anbau für das neue Heim geht voran. Dann taucht ein alter Freund von Schwiegersohn Thomas auf und plötzlich treten nicht nur familiäre Konflikte zutage, welche unüberbrückbar erscheinen. Gibt es noch diesen Sonnenaufgang, der Hoffnung verheißt, oder reibt man sich nur sinnlos aneinander auf? Wohin driftet die Gesellschaft?
Es sind drängende Fragen, mit denen Ewald Palmetshofer, Jahrgang 1974, das Publikum herausfordert. Am Beispiel einer Familie zeigt er, wie hinter der bürgerlichen Fassade eine demokratische Gesellschaft ins Schlingern gerät.
Mit kunstvoll rhythmisierter, klarer Sprache lotet Palmetshofer die Bruchstellen dieser Zeit in den Figuren psychologisch genau aus und entfaltet eine tragische Wucht, die Hauptmanns Intention und Provokation in nichts nachsteht. Als junge Generation sind zu erleben Laura Bettinger, Marie Luise Stahl, Benjamin Petschke und Johannes Geißer. Ihnen stehen die Schauspieler Matthias Winde, Manuela Stüßer und Jochen Ganser gegenüber.
Die Regie liegt in den Händen von Jens Schmidl, der in Rudolstadt zuletzt mit „Elvis First!“und „Die Wiedervereinigung der beiden Koreas“dichte und unterhaltsame Theaterabende schuf. Für das Bühnen – und Kostümbild konnte Stefan Heyne gewonnen werden. Als bildender Künstler und Ausstatter arbeitete er an großen Theaterhäusern wie dem Residenztheater München, dem Deutschen Theater Berlin oder der Hamburgischen Staatsoper. (red)
Bruchstellen dieser Zeit genau ausgelotet