Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Schrei nach Liebe durch alle Instanzen
Die neunjährige Benni ist wütend. Extrem wütend. Die aggressive Kleine ist die tragende Figur in „Systemsprenger“, dem bemerkenswerten Debütfilm von Nora Fingscheidt. Die -jährige Regisseurin erzählt darin von einem schwer erziehbaren Mädchen, das von seiner Mutter weggegeben wurde und von einer Pflegeeinrichtung zur nächsten gereicht wird. „Systemsprenger“ist auch der aktuelle deutsche Kandidat für den Auslands-Oscar. Ein absoluter Glücksfall ist dabei die junge Helena Zengel in der Hauptrolle. Bei den Dreharbeiten war die Schülerin aus Berlin gerade einmal neun Jahre alt – umso erstaunlicher, mit welcher Intensität sie die Rolle der Benni hier verkörpert: Sie schwankt zwischen dem Wunsch nach Nähe und extremster Aggressivität, sie sehnt sich nach Liebe und Geborgenheit, zerstört mit ihrer Unberechnbarkeit aber letztendlich jeden Annäherungsversuch. Regisseurin Fingscheidt beobachtet, wie die Neunjährige das System der Kinderbetreuung sprengt: Sie wurde schon von vielen Schulen verwiesen und lebte bereits in mehreren Heimen. Dabei hilft es auch nicht, dass die leibliche Mutter immer mal wieder in Bennis Leben auftaucht und ihr Hoffnung auf eine Rückkehr macht. Beim Zuschauen leidet man mit Benni mit und ist angesichts ihrer explosiven Gewalt doch fassungslos. Die einzige Chance scheint der Anti-Gewalt-Trainer Michael (Albrecht Schuch) zu sein, der vorschlägt, Benni für drei Wochen in seine Waldhütte mitzunehmen. Ist Benni noch zu helfen? (D., Min.)