Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Hilfe von Profis in familiärer Geborgenheit
schwerkranke Kinder und Jugendliche betreut derzeit die Sonnenblümchen GmbH Ambulante Kinderintensivpflege in Bad Köstritz
Bad Köstritz.
Leuchtend gelbe Sonnenblumen stecken in drei großen Vasen im Flur. Auf jeder Blüte findet sich das Bild eines Kindes – junge Patienten, die vom Team der Sonnenblümchen GmbH Ambulante Kinderintensivpflege betreut werden oder wurden. Im Mai dieses Jahres hat das Unternehmen mit Sitz in Bad Köstritz sein zehnjähriges Bestehen gefeiert.
„Als wir mit unserer Arbeit begannen, gab es auf diesem Gebiet eine enorme Versorgungslücke. Allerdings konnten sich auch die wenigsten Leute vorstellen, wie Kinderintensivpflege zu Hause funktioniert“, erinnert sich Geschäftsführerin Madeleine Müller an den schwierigen Start. Berufserfahrungen im Kinderintensivpflegedienst hatte die heute 36-jährige examinierte Kinderkrankenschwester zuvor in Nürnberg gesammelt. Sie wollte jedoch in die Heimat zurück, ebenso wie Kollegin Mandy Schneider. In Bad Köstritz, sozusagen auf halber Strecke zwischen den Heimatorten der jungen Frauen – Zwickau und Jena – gründeten die beiden die Firma „Sonnenblümchen“. Annabelle aus Gera, damals drei Monate alt, war ihre erste Patientin. „Durch einen Gendefekt mit einer Atemantriebsstörung zur Welt gekommen, musste das Mädchen beatmet und rund um die Uhr betreut werden“, erzählt Madeleine Müller, die seit Mitte des Jahres das Unternehmen allein führt.
Aktuell umsorgt das Team, zu dem mittlerweile 83 Mitarbeiter gehören, 27 Mädchen und Jungen in Thüringen und Sachsen. Oft werden die Kinder als Baby in die Pflege aufgenommen und bis zur Volljährigkeit betreut. Das Wichtigste für die „Sonnenblümchen“-Mitarbeiter ist, den betroffenen Kindern durch professionelle, individuelle Pflege eine solch hohe Lebensqualität zu geben, damit sie in familiärer Geborgenheit aufwachsen können. „Wir sind immer mit vor Ort, sehen, wie sich die Familien um ihr schwer krankes Kind sorgen. Manche Familien gewinnen an Stärke, andere zerbrechen aber auch daran. Wir sind emotional schon sehr nah an den Schicksalen dran. Das ist für jeden Mitarbeiter mitunter nicht einfach. Das macht es zudem schwer, für die ambulante Kinderintensivpflege, Personal zu bekommen“, betont Madeleine Müller. Für mehr Wahrnehmung präsentiert sich das Unternehmen heute und morgen erstmals auf der Fachmesse Med Care in Leipzig.
Sie und ihre Mitarbeiter betreuen nicht nur die Kinder intensivmedizinisch, sondern informieren oft auch die Eltern, welche Leistungen ihnen gesetzlich zustehen und beraten sie psychologisch. „Es gibt großen Aufklärungsbedarf. Häufig kommen die Familien nach einem Klinik- oder Rehaaufenthalt nach Hause und dann ist der Alltag da. Hier müssten Eltern viel besser aufgefangen werden“, weiß sie aus ihrer Berufserfahrung heraus. Für ihr Team wünscht sie sich, dass sich die Berührungsängste vor der ambulanten Intensivpflege weiter abbauen. „Unsere Arbeit ist anstrengend, aber trotzdem sehr schön. Unsere Patienten gehen mit ihren Handicaps vielfach anders um. Beispielsweise jammern nicht, dass sie im Rollstuhl sitzen, sondern finden es lustig, wie schnell sie damit fahren können.
Für Kinder in unserer Palliativversorgung ist der Himmel oft etwas Wunderschönes“, hat sie erfahren. „Die Kleinen geben uns einen anderen Blick ins Leben, lehren uns Erwachsene, die Tage viel intensiver zu genießen. Oft besinnt man sich da selbst wieder auf das Wesentliche im Leben.“
Patientin Annabelle betreut Sonnenblümchen übrigens heute noch. „Sie hat uns bereits hier im Büro besucht, ist bei den jährlichen Sommerfesten, wo sich Mitarbeiter und Familien begegnen, dabei“, meint Madeleine Müller und erzählt über Fortschritte des Schützlings. Seit zwei Jahren mit einem Atemschrittmacher ausgerüstet, handhabe die Zehnjährige diesen so prima, dass demnächst die invasive Beatmung nicht mehr nötig sein wird.