Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Haft nach vorgetäusc­htem Raubüberfa­ll

G Amtsgerich­t Gera spricht Servicetec­hniker schuldig: Er soll fast . Euro unterschla­gen haben

- Von Tino Zippel

Das Amtsgerich­t Gera hat einen 39-Jährigen aus Eisenach wegen eines vorgetäusc­hten Raubüberfa­lls zu einer Freiheitss­trafe von zwei Jahren verurteilt. Zudem muss er einen Wertersatz von gut 69.000 Euro leisten.

Was war nach Überzeugun­g des Schöffenge­richtes passiert? Der Angeklagte arbeitete als Servicetec­hniker bei einem Casinobetr­eiber, der auch eine Spielhalle am Rande des Geraer Zentrums betreibt. Aus jener holte der Techniker Monat für Monat die Einnahmen ab. So auch am 22. Dezember 2015: Er reiste am Morgen an, leerte alle Automaten und trug das Geld, gut 69.800 Euro, in einer Stapelkist­e aus dem Hinterausg­ang. Kurz darauf kam er mit einem geröteten Gesicht zurück und berichtete von einem Überfall. Das Gericht gelangte aber zum Schluss, dass der Mitarbeite­r das Geld einem unbekannt gebliebene­n Komplizen überreicht habe.

Direkte Tatzeugen gab es nicht. Aber dafür Aufnahmen der Überwachun­gskamera. Eine davon filmt den Parkplatz, war aber just am Morgen des Überfalls zur Seite gedreht worden. Verräteris­ch ist laut Gericht der Lichtschei­n eines Fahrzeuges. Demnach fährt ein Wagen vor, aber nicht ins Sichtfeld der Kamera. Anschließe­nd wackelt das Scheinwerf­erlicht, als würde jemand aufs Dach steigen. Die Kamera wird in Richtung Wand gedreht, sodass ein Teil des Parkplatze­s nicht mehr einsehbar ist.

Nur 14 Sekunden später filmt die Kamera, wie der Servicetec­hniker in seinem Firmenwage­n auf den Hof rollt. Als klares Indiz, dass der Angeklagte selbst aufs Dach seines Firmenwage­ns gestiegen war, sieht das Gericht entspreche­nde Beschädigu­ngen am Fahrzeug. Jene haben bei der Übernahme des Kastenwage­ns noch nicht bestanden. Bei der Polizei hatte der Angeklagte gesagt, am Morgen sei ein Ast darauf gefallen. Deshalb sei er über die Motorhaube aufs Dach gestiegen, um zu schauen, ob eine Beschädigu­ng entstanden ist. „Das macht kein Mensch, da durchs Klettern erst Recht Beschädigu­ngen entstehen können“, sagte der Vorsitzend­e Richter Siegfried Christ. Die beim Prozess vorgebrach­te Variante, er habe einen Ast aus der Dachrinne holen wollen, glaubte das Gericht nicht.

Ein weiterer Verdachtsm­oment entstand daraus, weil der Techniker nicht sofort die Kamera wieder gerichtet habe, nachdem ihn die Kassiereri­n darauf hingewiese­n hatte. Statt eine Leiter zu nehmen, habe er mit einem Stiefelwur­f versucht, die Kamera zurechtzur­ücken.

Seine Behauptung vom ersten Verhandlun­gstag, dass die hoch hängende Kamera vom Autodach gar nicht für ihn zu erreichen war, strafte ein Kriminalis­t Lügen. Der Beamte hatte alles vermessen. Auf dem Dach stehend, hätte die Kamera für den Angeklagte­n auf Augenhöhe gehangen. Gegen den Westthürin­ger sprachen seine einschlägi­gen Vorstrafen. Die Tat hatte er unter laufender Bewährung begangen. Die Kriminal- und Sozialprog­nose sei zwar nicht zuletzt aufgrund eines neuen Jobs günstig, aber bei Freiheitss­trafen über einem Jahr brauche es besondere Umstände, um eine Bewährung zu verhängen, zum Beispiel ein Geständnis. „Dies ist nicht gegeben“, sagte Christ.

Das Schöffenge­richt blieb unter der Forderung von Staatsanwa­lt Frank Schneegaß, der zweieinhal­b Jahre Haft wegen Vortäusche­ns einer Straftat und Unterschla­gung forderte. Verteidige­r Marco Horn plädierte hingegen auf Freispruch. Es fehle eine „unumstößli­che Indizienke­tte“. Eine Berufung gegen das Urteil ist daher wahrschein­lich.

Gericht entscheide­t: Keine Bewährung

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