Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Draghi-Kritikerin Lautenschläger gibt EZB-Posten auf
Mitte September hat die Europäische Zentralbank ihre Geldpolitik nochmals gelockert
Frankfurt/Main. Im Streit um den Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) sieht sich erneut ein deutsches Mitglied des Führungsgremiums der Notenbank zum Rücktritt gezwungen: Die ehemalige Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, Sabine Lautenschläger, gibt ihren Posten im sechsköpfigen EZBDirektorium zum 31. Oktober dieses Jahres auf – und damit mehr als zwei Jahre vor Ende ihrer regulären achtjährigen Amtszeit.
Die Juristin Lautenschläger hatte sich wiederholt kritisch zu den milliardenschweren Anleihenkäufen der Notenbank geäußert. EZB-Präsident Mario Draghi hatte die zeitlich unbegrenzte Wiederaufnahme der umstrittenen Geschäfte bei der jüngsten EZB-Sitzung am 12. September gegen heftige Widerstände durchgesetzt. Die EZB machte in einer knappen Mitteilung keine Angaben zu den Gründen für Lautenschlägers Schritt. Draghi dankte der 55-Jährigen „für ihre maßgebliche Rolle beim Aufbau und der Steuerung der europaweiten Bankenaufsicht“.
Lautenschläger, die dem EZBDirektorium seit dem 27. Januar 2014 angehört, war bis Februar des laufenden Jahres neben ihrer Rolle in der Geldpolitik Vizechefin der EZB-Bankenaufsicht („Single Supervisory Mechanism“/SSM). Die EZB beaufsichtigt seit November 2014 die größten Banken und Bankengruppen im Euroraum direkt.
Lautenschläger zählt zu den Kritikern einer extrem lockeren Geldpolitik, wie sie die EZB unter Draghi seit Jahren praktiziert. Vor der jüngsten geldpolitischen Sitzung hatte sich Lautenschläger gegen eine Wiederaufnahme der Käufe von Staatsanleihen ausgesprochen. Doch die Währungshüter zogen noch einmal alle Register.
Die Europäische Zentralbank verlangt von Banken nicht nur höhere Strafzinsen, wenn sie Geld bei ihr parken. Sie steckt ab November zudem monatlich 20 Milliarden Euro in den Erwerb von Anleihen – unbefristet. Von März 2015 bis Ende 2018 steckte die EZB bereits 2,6 Billionen Euro in Anleihen.