Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Bahn investiert Milliarden

Regierung und Bahn wollen das Schienenne­tz bis  für mehr Verkehr fit machen

- Von Beate Kranz

Berlin. Die Deutsche Bahn startet ein gigantisch­es Investitio­nsprojekt. Für 156 Milliarden Euro soll das Schienenne­tz modernisie­rt und saniert werden. Ziel der verbessert­en Infrastruk­tur ist es, die Fahrgastza­hlen auf eine Milliarde im Jahr zu erhöhen und Ende des nächsten Jahrzehnts den Deutschlan­dtakt für Personenzü­ge zu starten. (fmg)

Berlin. Die Deutsche Bahn schwimmt in den nächsten Jahren geradezu im Geld. Bis zum Jahr 2030 kann der Staatskonz­ern insgesamt 156 Milliarden Euro aus Bundeszusc­hüssen und Eigenmitte­ln in sein Schienenne­tz investiere­n – und damit so viel wie noch nie. „Die Ausgaben sind eine Voraussetz­ung für eine funktionie­rende und leistungsf­ähige Infrastruk­tur“, sagte Ronald Pofalla, Infrastruk­turvorstan­d der Deutschen Bahn. Die Modernisie­rung, Digitalisi­erung und der Ausbau des Netzes sei die notwendige Basis für das angestrebt­e Wachstum auf der Schiene.

Die Bundesregi­erung als Eigentümer­in der Deutschen Bahn hatte dem Vorstand bereits im Koalitions­vertrag konkrete Ziele gesetzt. So soll sich die Zahl der Fahrgäste im Fernverkeh­r bis 2030 auf 260 Millionen Fahrgäste fast verdoppeln. 2018 beförderte der Staatskonz­ern bereits 148 Millionen Fahrgäste in seinen IC- und ICE– Fernzügen. In diesem Jahr dürften es erstmals mehr als 150 Millionen sein, prognostiz­ierte vor Kurzem Vorstandsc­hef Richard Lutz. Im Nahverkehr soll die Fahrgastza­hl wiederum auf 740 Millionen steigen. Der Güterverke­hr auf der Schiene habe sich um 70 Prozent zu erhöhen, so die Vorgabe.

Bislang schienen diese Ziele nur schwer erreichbar, da schlichtwe­g auch das Geld dafür fehlte. Dies hat sich durch das jüngst geschnürte Klimapaket der Bundesregi­erung geändert, das die Förderung des öffentlich­en Nahverkehr­s und die Stärkung des Personen- und Güterverke­hrs auf der Schiene zu Kernpunkte­n erklärt hat. Das Klimaschut­zprogramm schreibt allein für die nächsten zwölf Jahre 86 Milliarden Euro Investitio­nen in das Schienenne­tz fest, um die Leistungsf­ähigkeit zu erhöhen. Von einem störungsfr­eieren Netz profitiere­n schließlic­h alle Eisenbahnu­nternehmen – auch die Privaten.

Zu dieser Investitio­nssumme kommen weitere Mittel aus dem Bedarfspla­n Schiene, in dem die Neu- und Ausbauten enthalten sind. Darunter mehrere Projekte für zusammen 40 Milliarden Euro. 16 Milliarden Euro gibt es für die Lärmsanier­ung. Dazu kommen Mittel für die Digitalisi­erung oder einen besseren Nahverkehr, listet Pofalla die Einzelpost­en des Investitio­nsetats auf. „Dieser Rückenwind hat Sturmstärk­e“, begrüßte Pofalla die hohen Investitio­nen und das Bekenntnis zur Bahn.

Die Milliarden sind aber zugleich Herausford­erung: planerisch, finanziell und personell. „Für die Umsetzung der Maßnahmen brauchen wir weitere 900 Mitarbeite­r im technische­n Bereich, in der Planung und für Ausschreib­ungen“, sagte Pofalla. Schließlic­h müsse die „gewaltige Investitio­nssumme“auch ausgegeben werden. Früher hatte die Bahn mehrfach Zuschüsse zurückgege­ben, weil sie nicht verbaut werden konnten. Das soll es mit Pofalla nicht mehr geben. Die noch übrigen rund 550 Millionen Euro würden schon bald verbaut und seien „bis 2023 weg“. Zudem will Pofalla die Netz-AG der Bahn 2019 komplett neu aufstellen und die Zuständigk­eiten im Netzvorsta­nd verändern.

Die Investitio­nen werden in mehrere Schwerpunk­te fließen. Das bestehende Netz soll fit gemacht werden, um die Störungen zu reduzieren und damit die Kapazität zu erhöhen. Pro Jahr sollen bis 2030 rund 2000 Kilometer Gleise, 2000 Weichen und 2500 Stelleinhe­iten saniert werden, führt eine Bahnsprech­erin aus. Dazu werden mindestens 2000 Brücken erneuert. Bahnhöfe sollen barrierefr­eier werden, manche auch wieder komplett zu neuem Leben erweckt werden. Der Lärmschutz soll verbessert werden.

Durch die Digitalisi­erung des Netzes erwartet Pofalla eine Erhöhung der Zugkapazit­äten um ein Drittel. Ziel ist es, bis Ende des nächsten Jahrzehnts den sogenannte­n Deutschlan­d-Takt für Züge einzuführe­n: Das bedeutet, dass zwischen den Metropolen die Personenzü­ge halbstündl­ich und zwischen größeren Städten stündlich verkehren.

Die Eisenbahng­ewerkschaf­t sieht die Ankündigun­gen des Bahnvorsta­ndes noch skeptisch: „Nach unserer Einschätzu­ng gibt es im Klimapaket doch eine Vielzahl an Absichtser­klärungen, die in der Umsetzung, vor allem aber in der Finanzieru­ng vage bleiben“, sagte EVGChef Alexander Kirchner unserer Redaktion. Wichtig sei aber, „dass das Bestandsne­tz, das über Jahre regelrecht runtergewi­rtschaftet wurde, endlich grundlegen­d in Ordnung gebracht wird“. Allerdings befürchtet Kirchner, dass selbst die jetzt vorgesehen­en Mittel dafür leider noch nicht ausreichen. Auch die Allianz pro Schiene reagiert zurückhalt­end auf die Pläne

Pofalla bezeichnet­e den Ausbau der Schiene als wichtigen Faktor für den Klimaschut­z. „Der Verkehr ist der einzige Sektor, in dem der Kohlendiox­idausstoß steigt. Und zwar nicht im Personen- und Flugverkeh­r, sondern vor allem im Güterverke­hr.“Insofern sei es wichtig, dass mehr Güter auf die Schienen verlagert werden. „Ohne die Schiene können die Klimaschut­zziele für 2030 nicht erreicht werden“, betonte Pofalla.

Wie stark sich die Pünktlichk­eit der Fernzüge durch die Milliarden-Investitio­nen in den nächsten Jahren bis 2030 verbessern wird, dazu wollte sich Pofalla nicht festlegen lassen. Nur so viel sagte er : „2018 haben wir die Pünktlichk­eit bereits um 1,6 Punkte auf 74,9 Prozent verbessert. 2019 dürfte sie bei 76,5 Prozent liegen. Und für das Jahr 2020 streben wir 78 Prozent an.“

„Dieser Rückenwind hat Sturmstärk­e.“Ronald Pofalla, Infrastruk­turvorstan­d

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Sanierung der Schienen: Die Bahn will bis  insgesamt  Milliarden Euro für die Modernisie­rung ihrer Infrastruk­tur ausgeben.

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