Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

In DDR alles auf rechte Hand ausgericht­et

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Zum Leserbrief „Keine Ohrfeigen in DDR-Schulen“(OTZ, 19.9.2019).

Der Beitrag der Schreiberi­n klingt für mich nach einer typischen Lehrerin aus der DDR. Ich bin selbst Linkshände­r und von 1973 bis 1983 im heutigen Saale-Holz-Kreis zur Schule gegangen.

Natürlich gab es keine Ohrfeigen für das Schreiben mit der linken Hand. Es gab ja keinen, der mit der linken Hand schreiben durfte.

Das fing bereits mit der Vorschule im Kindergart­en an. „Wir schreiben mit der rechten Hand!“Dieser Satz klingt mir bis heute in den Ohren. Nur diejenigen, die die „richtige“Hand benutzen, werden später einmal eine ordentlich­e Arbeit bekommen, weil schließlic­h alle Maschinen auf Rechtshänd­er ausgelegt seien. Da trauten sich weder Kinder noch Eltern aufzubegeh­ren.

Man lernte daher als Kind schon recht schnell in der ersten Klasse, kreativ zu sein und das Arbeiten mit der linken Hand zu verbergen, etwa beim Basteln mit der Schere. Das waren dann meine Erfolgserl­ebnisse: gute Noten beim Benutzen der falschen Hand und keiner hat was gemerkt.

Es gab vereinzelt auch Lehrer, die keinen Wert auf das Benutzen der rechten Hand legten. Denen bin ich heute noch dankbar.

Nun habe ich selbst vier Kinder, davon sind drei Linkshände­r. Die schreiben selbstvers­tändlich mit dem Füller mit der linken Hand und haben ein besseres Schriftbil­d als mancher Rechtshänd­er. Da wird überhaupt nichts verschmier­t, aber das kann man nur rausfinden, wenn die Kinder die für sie richtige Hand benutzen dürfen. Auch an der Wandtafel.

Anke Lindner, Lippersdor­f

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