Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Aufräumer oder Grüßonkel
Demokratie sieht anders aus. Eine Findungskommission des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat sich einen neuen Präsidenten gesucht – und mit Fritz Keller gestern auch bekommen. Andere Kandidaten um das Amt des obersten deutschen FußballChefs gab es bei der Wahl nicht, Bewerber wohl. Aber deren Chancen waren im Vorhinein schon aussichtslos.
Das Prozedere hat keinen Einfluss auf die Reputation des neuen Präsidenten Fritz Keller. Sie vermittelt aber genau das Bild, gegen das der bisherige Vereinsboss des SC Freiburg jetzt vorgehen will: Beim DFB haben nur wenige Funktionäre das Sagen. Glaubwürdigkeit und Vertrauen – Fehlanzeige!
Es ist nun an Keller, das zu ändern. Der 62-jährige Winzer ist einer, der das kann. Er muss den mit sieben Millionen Mitgliedern größten Sportverband der Welt aus der Krise führen. Der DFB ist durch die Skandale der vergangenen Jahre schwer beschädigt worden. Dass Kellers Macht durch eine Satzungsänderung, die dem DFB-Präsidenten die Richtlinienkompetenz entzieht und damit andere Funktionäre stärkt, schon im Vorfeld beschnitten wurde, deutet vielleicht schon daraufhin, dass einige das große Fürchten bekommen haben.
Keller jedenfalls will anpacken, hat eine Generalinventur in allen Breichen angekündigt. Namentlich hat er sich die Themen Gleichberechtigung, Umweltschutz und Integration auf die Fahnen geschrieben. Und er will „reingrätschen, wenn es was zum Reingrätchen gibt“. Das wird es, gemessen an den Erfahrungen der vergangenen Jahre, mit Sicherheit geben. Und erst dann wird sich zeigen, ob Keller der Aufräumer, der er gern sein will, auch sein kann. Oder ob er nur ein netter Grüßonkel ist, den sich manch Etablierter lieber wünscht.