Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Vom Winzer zum Wortführer

Fritz Keller ist neuer Präsident des Deutschen Fußball-Bundes. Der -Jährige wird Nachfolger von Reinhard Grindel

- Von Alexander Sarter

Frankfurt/Main.

Fritz Keller war leicht desorienti­ert. „Wo muss ich denn hin?“, fragte der neue Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), als er im Anschluss an seine Wahl am Freitag um 12.30 Uhr mit einem übergroßen Blumenstra­uß in der Hand seinen Platz auf dem Podium suchte. Nachdem er seinen Stuhl gefunden hatte, durfte er sich über den großen Vertrauens­beweis freuen – der 62-Jährige war beim Bundestag in Frankfurt/Main einstimmig gewählt worden.

Sein Aufstieg vom Winzer zum Wortführer war nach dem Votum der 257 Delegierte­n perfekt, Keller geht als 13. Chef in die 119-jährige Geschichte des größten Einzelspor­tverbands der Welt ein. „Ich würde gerne anfangen als Spielertra­iner, mich als Zehner einwechsel­n und danach als Trainer weitermach­en“, sagte das Patenkind des deutschen Ehrenspiel­führers Fritz Walter mit Blick auf seine dreijährig­e Amtszeit: „Jetzt heißt es: Ärmel hochkrempe­ln, Schuhe schnüren, Schienbein­schoner an – Anpfiff.“

Bundestrai­ner Joachim Löw begrüßte die Wahl des neuen Verbands-Oberhaupte­s. „Fritz Keller steht schon viele, viele Jahre für Profession­alität, Bodenständ­igkeit und eine tolle Führungsku­ltur“, sagte er: „Was ich bei ihm spüre, ist die volle Leidenscha­ft und viel Herzblut, das er da reinsteckt. Er hat große Ziele und viel Energie.“

Vor seiner Wahl hatte Keller in einer Rede verdeutlic­ht, um was es zukünftig geht. „Wir wollen Vertrauen zurückgewi­nnen, an der Basis und in der Gesellscha­ft. Der DFB muss ein seriöser Anwalt, Dienstleis­ter und Lobbyist für den Fußball sein“, sagte der Nachfolger des im April zurückgetr­etenen Reinhard Grindel: „Die Hauptaufga­be des DFB bleibt, Erfolge an der Spitze möglich zu machen. Unser Anspruch muss die Weltspitze sein. Wenn es der Spitze gut geht, werden wir unsere Dienstleis­tungen auch an die Basis weitergebe­n können.“

Die Aufgaben des Ex-Clubchefs des Bundesligi­sten SC Freiburg liegen auf der Hand. Keller möchte den jahrelange­n Konflikt zwischen Amateuren und Profis beenden. Ganz nebenbei muss er den Verband aus der Dauerkrise führen, für eine moderne Struktur sorgen, den Bau der Akademie vorantreib­en, den Weg der Nationalma­nnschaft zurück in die Weltspitze forcieren, die Zusammenar­beit mit den internatio­nalen Gremien verbessern, einen neuen Grundlagen­vertrag aushandeln – und die EM-Endrunde 2024 planen.

Bereits am Donnerstag hatte der DFB in Anwesenhei­t von Bundeskanz­lerin Angela Merkel den Grundstein für seine neue Zentrale im Frankfurte­r Stadtteil Niederrad gelegt. 150 Millionen Euro wird das Mega-Projekt mit einer Gesamtfläc­he von neun Hektar kosten. In rund zwei Jahren will der DFB seinen jetzigen Standort in der OttoFleck-Schneise verlassen und in die neue Heimat einziehen.

Damit sich Keller nicht wie seine Vorgänger verzettelt, bekommt er Helfer zur Seite gestellt. So soll Vizepräsid­ent Rainer Koch als neuer „Außenminis­ter“fungieren. Als Folge des Grindel-Rücktritts ist der DFB derzeit weder im Council des Weltverban­des Fifa noch im Exekutivko­mitee der Europäisch­en Fußball-Union (Uefa) vertreten, zumindest ins Uefa-Exko will Koch einziehen.

Auch innerhalb des DFB, dessen Budget bei mehr als 400 Millionen Euro im Jahr liegt, wird Keller mit der Zeit nicht mehr so viel Macht wie seine Vorgänger besitzen. Zunächst will Keller als tatkräftig­er Boss die Strukturre­form in seinem Sinn gestalten, um später Aufgaben abzugeben.

„Wir müssen eine neue Organisati­onskultur wagen. Ich möchte nichts alleine entscheide­n. Das geht in keinem Betrieb mehr, das ist nicht zeitgemäß. Ich werde reingrätsc­hen, wenn es was zum reingrätsc­hen gibt“, äußerte Keller: „Wir müssen so transparen­t sein, dass es langweilig ist, über uns zu reden.“

Unter dem 13. Präsidente­n soll es eine deutlicher­e Trennung zwischen den wirtschaft­lichen und den gemeinnütz­igen Aufgaben geben. Deshalb werden alle Aktivitäte­n, mit denen Geld verdient wird, künftig von der DFB GmbH verantwort­et. Gemeinnütz­ige Aufgaben obliegen dem DFB e.V. Starker Mann der GmbH soll Generalsek­retär Friedrich Curtius werden, Oliver Bierhoff ist als Geschäftsf­ührer Sport vorgesehen.

So ist Keller nach den Statuten nicht mehr der Chef des Bundestrai­ners. Dennoch formuliert der künftige DFB-Boss auch in dieser Hinsicht seinen Anspruch: „Im Profiberei­ch wollen wir internatio­nal wieder dahinkomme­n, wo wir waren – mit der Nationalma­nnschaft und der Bundesliga.“

Zusätzlich will Keller seine eigenen Schwerpunk­te setzen. „Nachhaltig­keit und Ökologie müssen stärker in den Fokus. Deshalb sollte der Posten eines Nachhaltig­keits-Vizepräsid­ent geschaffen werden. Es ist fünf vor zwölf“, sagte der neue Boss: „Und Gleichbere­chtigung darf kein Lippenbeke­nntnis sein.“(sid)

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FOTO: CHRISTIAN KASPAR-BARTKE/GETTY IMAGES Der neue DFB-Präsident: Fritz Keller.

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