Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Hauptsache gemütlich!
Das Wohnzimmer ist Ort des Rückzugs und Treffpunkt der Familie. Zur Einrichtung gehören nicht nur Sofa, Teppich und Zimmerpflanzen
Man erkennt es an folgenden Bestandteilen: Couchgarnitur, Regale oder Schrankwand, Sessel, Fernseher. Die Grundelemente des Wohnzimmers ähneln sich überall. In diesem Raum ist Freizeit angesagt, Arbeit hat hier nichts zu suchen. Nicht immer jedoch war das Zimmer ein Ort der täglichen Entspannung.
1 Die gute Stube
Es gab Zeiten, da wurde das Wohnzimmer nur zu besonderen Anlässen betreten. Die „gute Stube“war im 19. Jahrhundert dazu da, Gäste zu empfangen und vor ihnen einen guten Eindruck zu machen. Hier standen Möbel wie das dickgepolsterte Biedermeier-Sofa, Vitrinenschränke mit Porzellan oder auch Zimmerpflanzen. Sehr wohlhabende Familien hatten einen kleinen und einen großen Salon für den Empfang von Gästen. Besonders herausgeputzt wurde die gute Stube zu Weihnachten, hier stand natürlich auch der geschmückte Tannenbaum. Erst im 20. Jahrhundert wurde aus der guten Stube ein wirkliches Wohnzimmer, in dem die Familie täglich zusammenkam. Wohnzimmer, in denen Kinder nicht spielen dürfen, und in denen zu besuchsfreien Zeiten eine staubabweisende Folie die Couchgarnitur bedeckt, soll es allerdings auch heute noch geben.
2 Harmonie und Wohlbefinden
Für die meisten Menschen soll das Wohnzimmer vor allem eines sein: gemütlich. Dafür sorgen Kissen, Teppiche, Vorhänge und Bücherregale. Vorhänge schirmen die Bewohner von der Außenwelt ab. Im Wohnzimmer ist man für sich. In China haben sich Menschen schon vor Hunderten von Jahren Gedanken darüber gemacht, wie man ein Wohnzimmer so einrichtet, dass man sich zu Hause fühlt. Die Lehre des Feng-Shui verspricht, dass eine bestimmte Gestaltung des Wohnraumes Harmonie und Wohlbefinden steigert.
Ein paar Gebote sind zum Beispiel: In der Mitte des Raumes dürfen keine Möbel stehen. Das Sofa ist ganz an die Wand gerückt und an einem Ort platziert, von dem aus man die Tür im Blick hat. Das gibt ein sicheres Gefühl der Geborgenheit. Als Grundfarben werden Cremetöne empfohlen: helles Grau und Braun, dazu Zimmerpflanzen mit großen runden Blättern, Kakteen und spitze Formen eher nicht. Vorteilhaft sind auch glänzende Oberflächen und Spiegel, weil sie den Raum erweitern.
3 Modernes Lagerfeuer
Verschiedene Medien haben das Wohnzimmer im Laufe der Zeit erobert: Erst war es das Grammophon, das Musik in den Salon brachte, dann das Radio, um das man sich versammelte. Nichts hat das Wohnzimmer aber so stark geprägt wie der Fernseher, der ab den 50er- und 60er-Jahren in Deutschland zum Mittelpunkt des Raumes wurde. Man sprach vom Fernseher als modernem Lagerfeuer, um das sich alle versammeln. Gäste kamen jetzt seltener, Unterhaltungen nahmen ab. „Das Fernsehen sorgt dafür, dass man in seinem Wohnzimmer von Leuten unterhalten wird, die man nie einladen würde“, sagte die US-Schauspielerin Shirley MacLaine einmal. Auch heute noch ist in den meisten Wohnzimmern alles auf den Bildschirm ausgerichtet. In manchem verwandelt der Beamer mit Dolby-Surround-Klang das Wohnzimmer in ein Heimkino. Parallel werden andere Medien genutzt. Während der Film oder die Lieblingsserie läuft, surft man gleichzeitig im Netz, checkt Nachrichten oder kommentiert in sozialen Medien.
4 Bilder und Blümchentapeten
Ein großes Möbelhaus hat für eine Werbekampagne in diesem Jahr die Wohnzimmer bekannter Kultserien nachgestellt. Dazu gehörte zum Beispiel die rostbraune Couch der Simpsons, die vor einer pinken Wand mit einem schiefen Segelboot-Bild steht. Zwischen Blümchentapete und Lichterketten wohnt die alleinerziehende Mutter Joyce Byers in der US-Serie „Stranger Things“. Der Klassiker „Friends“spielt in einem typischen amerikanischen Wohnzimmer mit Vorhängen vor den Loft-Fenstern und jeder Menge Polstermöbel. Und welche Wohnzimmer gibt es noch, die uns so vertraut sind wie das eigene? Die durchgesessene Couch von Al Bundy in „Eine schrecklich nette Familie“zum Beispiel oder die vielen Bücherregale mit Physikbüchern in „The Big Bang Theory“.
5 Virtueller Salon
Und wie könnte das Wohnzimmer der Zukunft aussehen? Vielleicht ist die Couch bald mit dem Fernseher verbunden und wackelt und rüttelt uns hin und her, während wir einen Actionfilm schauen. Vielleicht sitzen wir aber auch viele Stunden lang mit 3-D-Brillen auf dem Sofa und bewegen uns dabei virtuell durch die Welt. Um viel anderes brauchen wir uns dann sowieso nicht mehr zu kümmern. Roboter saugen, wischen Staub, putzen Fenster und gießen Blumen, die Heizung reguliert sich automatisch. Wenn wir Freunde einladen, besuchen sie uns als Avatar, beamen sich von jedem Ort der Welt jederzeit zu uns auf die Couch. Vielleicht ist aber auch der ganze Raum virtuell. Die Einrichtung könnten wir dann jederzeit ändern. Mal im Stil der 50er-Jahre mit Tütenlampe, Nierentisch und Cocktailsessel oder wie in einer Hütte auf Hawaii, mit Bambusmöbeln, Wellenrauschen und Blick aufs Meer.