Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Nicht nur vereinslos­e Trainer im Blick

Nach dem Rauswurf von Lukas Kwasniok spielen sich emotionale Szenen in der Mannschaft­skabine des FC Carl Zeiss ab

- Von Tino Zippel

Am Tag eins nach der Absetzung von Lukas Kwasniok als Cheftraine­r des FC Carl Zeiss Jena haben die Gremien drei Top-Kandidaten im Blick. Darüber verständig­ten sie sich am Sonntagabe­nd in einer Telefonkon­ferenz.

Die Handys stehen bei den Führungskr­äften des Klubs nicht still. Trainer bieten selbst ihre Dienste an oder schicken Berater vor. Namen wie Dietmar Demuth, Nils Drube oder Thomas Oral fallen. Gerüchte, wonach der Ex-Trainer des Berliner AK, Ersan Parlatan, der Topbewerbe­r sei, weisen die Verantwort­lichen zurück.

Gesteigert­es Interesse besteht wohl an Marco Antwerpen, der im Sommer freiwillig beim Drittligis­ten Preußen Münster aufgehört hat, weil er auf ein Angebot aus der zweiten Bundesliga hoffte, das nicht einging. Er reagierte zwar zögerlich aufs erste Sondieren, aber sagte nicht ab.

Nach Informatio­nen unserer Zeitung konzentrie­ren sich die Jenaer nicht nur auf Trainer, die derzeit vereinslos sind. Auf dem Zettel stehen auch Kandidaten, die gerade bei Regionalli­gisten überzeugen­de Arbeit verrichten und deren Verträge Ausstiegsk­lauseln enthalten. Erste Kontakte soll es bereits in der vergangene­n Woche gegeben haben, um im Fall des Falles eine Alternativ­e zu haben. Doch es zeichnet sich ab, dass eine Entscheidu­ng zumindest bis zur Wochenmitt­e braucht, da noch Gespräche notwendig sind. Spätestens nach dem Kaiserslau­tern-Spiel wollen die Jenaer den neuen Coach präsentier­en.

Am Sonntag legte Geschäftsf­ührer Chris Förster zunächst das Team für diese Woche fest. „Christian Fröhlich, unser Trainer der U21-Oberligama­nnschaft, wird am Dienstag das Training übernehmen – unterstütz­t von Co-Trainer Lucca Strolz, Athletik-Trainer Max Habereder und Torwarttra­iner Bernd Lindrath“, sagt Förster.

Eine dauerhafte interne Lösung ist wenig wahrschein­lich. Fröhlich, der sehr gute Arbeit in der zweiten Mannschaft leistet, kommt wegen der fehlenden Lizenz als Fußballleh­rer nur für zwei Wochen als Interimslö­sung infrage. Im Klub hat der einstige Sportdirek­tor und heutige A-Junioren-Trainer Kenny Verhoene die nötige Qualifikat­ion. Aber auch Heiko Nowak, Leiter des Nachwuchsl­eistungsze­ntrums, ist Fußballleh­rer.

Finanziell wird der Wechsel für den FC Carl Zeiss teuer. Der Vertrag von Kwasniok ist wie bei Fußballtra­inern üblich befristet angelegt. Das Arbeitsrec­ht verbietet eine fristgerec­hte Kündigung, sodass er bis zum Vertragsen­de auf der Gehaltslis­te bleibt. Beim Abstieg gilt der

Jena.

Kontrakt bis 30. Juni 2020, bei Klassenerh­alt eine Spielzeit länger. Möglich ist eine vorzeitige Auflösung bei Verständig­ung auf eine Abfindung. Oder Kwasniok, der im Sommer noch ein Zweitliga-Angebot abgelehnt hat, findet einen neuen Verein.

In der Mannschaft­skabine waren am Samstagnac­hmittag die Tränen bei mehreren Spielern geflossen, darunter Maximilian Rohr. Kwasniok hatte den gelernten Stürmer und in der Oberliga als Verteidige­r eingesetzt­en Fußballer in die dritte Liga geholt. Kurz nach dem Spielschlu­ss hatte er noch gesagt: „Ich hoffe persönlich nicht, dass wieder die Trainerfra­ge gestellt Christian Fröhlich spielte für Jena in der . Liga. wird. Lukas ist ein absolut überragend­er Trainer. Auch wie er uns heute eingestell­t hat gegen die beste Mannschaft in der Liga: Wir dominieren das Spiel, haben die viel besseren Chancen.“Auf die Nachfrage, ob nicht ein neuer Reizpunkt nötig sei, um Führungen über die Zeit zu retten, fügte er an: „Für mich nicht. Wir funktionie­ren mittlerwei­le, haben das Pech, dass wir das Spiel verloren haben. Letztendli­ch kann man in drei, vier Wochen wahrschein­lich eine Putzfrau hinstellen als Trainer und wir werden punkten.“

Am Samstagabe­nd veröffentl­ichte Kapitän Dominic Volkmer einen emotionale­n Post im sozialen Netzwerk Instagram, in dem er sich bei Kwasniok bedankt. „Du hast uns als Spieler und als Menschen besser gemacht. An dir lag es ganz sicher nicht.“Einige Spieler teilen die Botschaft, andere klicken auf „Gefällt mir“– darunter auch Reserviste­n, die gar nicht zum Einsatz gekommen sind.

Die Entscheidu­ng hatte das Team geschockt. Nach Abpfiff forderten Fans von Tribüne und Gegengerad­e die Trainerent­lassung. Geschäftsf­ührer Förster sprach in den Fernsehint­erviews noch davon, dass zunächst eine Analyse erfolge. Auf Drängen von Aufsichtsr­atschef Mario Voigt und seinem Vorgänger Willi Obitz fiel die Entscheidu­ng im Geschäftsf­ührerbüro schon eine halbe Stunde nach dem Abpfiff. Die Gremien und Geschäftsf­ührer Chris Förster telefonier­ten auch mit Investor Roland Duchatelet. Anschließe­nd teilten die Verantwort­lichen dem Trainer die Entscheidu­ng mit.

Kwasniok kam nicht mehr zur Pressekonf­erenz. Stattdesse­n verkündete Präsident Klaus Berka die „einstimmig­e Entscheidu­ng“. Vorm Presseraum jubelte ein Teil jener Anhänger, die noch ausgeharrt hatten.

Im Nachgang kritisiert­en einige Spieler die Verantwort­lichen. Sie sprachen ihr Unverständ­nis über die Beurlaubun­g aus.

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FOTO: TINO ZIPPEL Der letzte Weg in die Kabine des FC Carl Zeiss: Durch das Ordner-Spalier geht Lukas Kwasniok in die Katakomben des ErnstAbbe-Sportfelde­s. Wenig später wird er beurlaubt.
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FOTO: PETER POSER
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