Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Großes Interesse an Dorfkümmerern
Das neue Landesprogramm Familie will auch das Thema Pflege und Gesundheit stärker in den Fokus nehmen
Weimar.
Hilfe bei Behördengängen, Fahrdienste zum nächsten Arzttermin, Beratung, wenn Pflege nötig wird, oder einfach mal zuhören: Es gibt viele Lebensbereiche, in denen Senioren vor allem auf dem Land Unterstützung gut gebrauchen können. Weil Infrastruktur ausgedünnt ist oder weil Familien auseinandergezogen sind.
In der Gemeinde Kyffhäuserland gibt es dafür eine Dorfkümmerin. Eine, die Menschen und Hilfe zusammenbringt, weil sie Gemeinden kennt.
Finanziert wird das Projekt im Rahmen des Landesprogramms „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“. Das Beispiel aus dem Kyffhäuserkreis zeigt, wie Antworten auf die Herausforderungen des demografischen Wandels auf dem Land ausfallen können, wenn Kommunen Projekte auf ihre Bedürfnisse zuschneiden können und dafür auch die nötigen Mittel in die Hand bekommen. Denn so ließe sich im Kern die Intention zusammenfassen, mit der die Familienförderung des Landes neu ausgerichtet wurde. Denn nicht an zentraler Stelle, sondern in den Kommunen vor Ort weiß man am besten, wo Hilfen sinnvoll sind und wie sie aufgestellt sein müssen. Mit dem Altenburger Land gehörte der Kyffhäuserkreis zu den Modellregionen, seit Jahresbeginn gilt das Landesprogramm Familie für den gesamten Freistaat. Neben den knapp fünf Millionen Euro für bestehende Projekt stockt das Land die Familienförderung auf insgesamt zehn Millionen Euro auf.
Außer dem Bestandsschutz setzt man im Sozialministerium dabei vor allem auf neue Konzepte. Im kommunalen Binnenverkehr sollen sie Ämterübergreifendes Agieren befördern. Das erfordere, so Jörg Fischer vom Institut für Kommunale Entwicklung, das fachlich unterstützt, ein Umdenken in den Kommunen. Im Altenburger Land zum Beispiel arbeiten inzwischen Jugendausschuss und Ausschuss für Bildung und Soziales stärker zusammen.
In der Außenwirkung geht es darum, die vielen verschiedenen Bereiche, die Familien berühren, stärker zu vernetzen, von der Mobilität in ländlichen Gebieten, dem Zusammenführen von Generationen bis zur Hilfe für Senioren.
Das Konzept der Dorfkümmerer zum Beispiel, beschreibt Sozialministerin Heike Werner (Linke) eine erste Erfahrung, stößt auf großes Interesse in den Kommunen. Es gebe inzwischen Anfragen nach Qualitätsstandards, die diese neue Tätigkeit genauer beschreiben. Der Bedarf sei offensichtlich groß. Viele Senioren, die 75 Jahre alt sind und älter, leben allein. In Thüringen leben laut aktuellem Seniorenbericht 287.000 Menschen in dieser Altersgruppe.
Eine weitere Erfahrung: Die Nachfrage nach mobiler niedrigschwelliger Familienberatung ist in den ländlichen Regionen hoch.
Stärker in den Fokus muss auch das Thema Gesundheit und Pflege gerückt werden. Das betrifft Hilfen für pflegende Angehörige und auch die Prävention. Häufig werde die Pflegefrage erst aufgeworfen, wenn ein Notfall den gewohnten Alltag aus der Bahn wirft. Mit dem geplanten Projekt „AgaThe“soll eine verlässliche vorsorgende Hilfe etwa im Haushalt organisiert werden, damit Pflegebedürftigkeit gar nicht erst entsteht.