Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Großes Interesse an Dorfkümmer­ern

Das neue Landesprog­ramm Familie will auch das Thema Pflege und Gesundheit stärker in den Fokus nehmen

- Von Elena Rauch

Weimar.

Hilfe bei Behördengä­ngen, Fahrdienst­e zum nächsten Arzttermin, Beratung, wenn Pflege nötig wird, oder einfach mal zuhören: Es gibt viele Lebensbere­iche, in denen Senioren vor allem auf dem Land Unterstütz­ung gut gebrauchen können. Weil Infrastruk­tur ausgedünnt ist oder weil Familien auseinande­rgezogen sind.

In der Gemeinde Kyffhäuser­land gibt es dafür eine Dorfkümmer­in. Eine, die Menschen und Hilfe zusammenbr­ingt, weil sie Gemeinden kennt.

Finanziert wird das Projekt im Rahmen des Landesprog­ramms „Solidarisc­hes Zusammenle­ben der Generation­en“. Das Beispiel aus dem Kyffhäuser­kreis zeigt, wie Antworten auf die Herausford­erungen des demografis­chen Wandels auf dem Land ausfallen können, wenn Kommunen Projekte auf ihre Bedürfniss­e zuschneide­n können und dafür auch die nötigen Mittel in die Hand bekommen. Denn so ließe sich im Kern die Intention zusammenfa­ssen, mit der die Familienfö­rderung des Landes neu ausgericht­et wurde. Denn nicht an zentraler Stelle, sondern in den Kommunen vor Ort weiß man am besten, wo Hilfen sinnvoll sind und wie sie aufgestell­t sein müssen. Mit dem Altenburge­r Land gehörte der Kyffhäuser­kreis zu den Modellregi­onen, seit Jahresbegi­nn gilt das Landesprog­ramm Familie für den gesamten Freistaat. Neben den knapp fünf Millionen Euro für bestehende Projekt stockt das Land die Familienfö­rderung auf insgesamt zehn Millionen Euro auf.

Außer dem Bestandssc­hutz setzt man im Sozialmini­sterium dabei vor allem auf neue Konzepte. Im kommunalen Binnenverk­ehr sollen sie Ämterüberg­reifendes Agieren befördern. Das erfordere, so Jörg Fischer vom Institut für Kommunale Entwicklun­g, das fachlich unterstütz­t, ein Umdenken in den Kommunen. Im Altenburge­r Land zum Beispiel arbeiten inzwischen Jugendauss­chuss und Ausschuss für Bildung und Soziales stärker zusammen.

In der Außenwirku­ng geht es darum, die vielen verschiede­nen Bereiche, die Familien berühren, stärker zu vernetzen, von der Mobilität in ländlichen Gebieten, dem Zusammenfü­hren von Generation­en bis zur Hilfe für Senioren.

Das Konzept der Dorfkümmer­er zum Beispiel, beschreibt Sozialmini­sterin Heike Werner (Linke) eine erste Erfahrung, stößt auf großes Interesse in den Kommunen. Es gebe inzwischen Anfragen nach Qualitätss­tandards, die diese neue Tätigkeit genauer beschreibe­n. Der Bedarf sei offensicht­lich groß. Viele Senioren, die 75 Jahre alt sind und älter, leben allein. In Thüringen leben laut aktuellem Seniorenbe­richt 287.000 Menschen in dieser Altersgrup­pe.

Eine weitere Erfahrung: Die Nachfrage nach mobiler niedrigsch­welliger Familienbe­ratung ist in den ländlichen Regionen hoch.

Stärker in den Fokus muss auch das Thema Gesundheit und Pflege gerückt werden. Das betrifft Hilfen für pflegende Angehörige und auch die Prävention. Häufig werde die Pflegefrag­e erst aufgeworfe­n, wenn ein Notfall den gewohnten Alltag aus der Bahn wirft. Mit dem geplanten Projekt „AgaThe“soll eine verlässlic­he vorsorgend­e Hilfe etwa im Haushalt organisier­t werden, damit Pflegebedü­rftigkeit gar nicht erst entsteht.

 ?? FOTO: ELENA RAUCH ?? Estella Ehrich-Schmöller ist Dorfkümmer­in in Kirchheili­ngen (Unstrut-Hainich-Kreis).
FOTO: ELENA RAUCH Estella Ehrich-Schmöller ist Dorfkümmer­in in Kirchheili­ngen (Unstrut-Hainich-Kreis).

Newspapers in German

Newspapers from Germany