Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Thüringen setzt bei anonymer Spurensicherung auf große Kliniken
Kabinett soll Konzept heute beschließen. Straftaten gegen sexuelle Selbstbestimmung steigen seit Jahren an
Erfurt.
Das Konzept zur anonymisierten Spurensicherung setzt regional auf die Kooperation mit größeren Kliniken. Das geht aus dem Kabinettsbeschluss hervor, der dieser Zeitung vorliegt. Heute kommt die Thüringer Ministerinnenund Ministerriege in Erfurt zusammen und soll über das Thema abschließend befinden.
Zwischen August 2018 und Januar 2019 hatten sich die Teilnehmer eines Runden Tisches in insgesamt fünf Sitzungen auf das nun vorliegende Konzept verständigt, das federführend im Haus der Gleichstellungsbeauftragten Christiane Christ-Eisenwinder erarbeitet wurde.
In der Begründung für den Beschluss verweist Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) darauf, dass sich die anonyme Spurensicherung vornehmlich an die Opfer sexualisierter Gewalt richte. „Die Thematik häusliche Gewalt wird in Umsetzung der Istanbul-Konvention in einem eigenen Maßnahmeplan bearbeitet“, heißt es.
Um künftig Spuren von Opfern von Sexualstraftaten unabhängig einer sofortigen Anzeigeerstattung sichern zu können, setzt das Konzept auf die Kooperation mit größeren Kliniken in allen Teilen Thüringens. Mit insgesamt 17 Kliniken, die in dem Papier bereits benannt sind, sollen Verhandlungen geführt werden. Außerdem soll ein Institut „mit rechtsmedizinischer Ausrichtung“die verfahrensunabhängige Sicherung der Spuren nach einem Sexualverbrechen koordinieren. Wendet sich ein Opfer an ein Krankenhaus, soll von dort aus wiederum das Institut informiert werden, das dann „umgehend“eine Fachkraft entsendet, die vor Ort die Spuren dokumentiert und fachgerecht, also rechtssicher, in dem beauftragten Institut archiviert. Bei einer Aufbewahrungsfrist von drei Jahren könne dann bei einem möglicherweise anstehenden Strafverfahren auf diese gesicherten Spuren zurückgegriffen werden, heißt es in der Kabinettsvorlage.
Der Runde Tisch hat sich für das Verfahren einer zentralen Spurensicherung entschieden, um eine Einheitlichkeit bei der Bearbeitung der Spuren zu gewährleisten. Deshalb wird das Verfahren mit verschiedenen Instituten, wie in anderen Bundesländern, nicht favorisiert.
Für die Finanzierung des Konzeptes sind laut Kabinettsvorlage 150.000 Euro notwendig.
Die Kriminalstatistik in Thüringen dokumentiert bereits seit Jahren einen Anstieg bei den als „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“gekennzeichneten Fällen. 1709 wurden im vergangenen Jahr registriert, was im Vergleich zu 2017 (1445 Fälle) einem deutlichen Anstieg um 18,3 Prozent entspricht. Seit 2014 sind die Fallzahlen jährlich angestiegen. Dazu kommt noch ein Dunkelfeld, wenn keine Anzeige erstattet ist. Dieses aufzuhellen, dazu soll das heute im Kabinett vorliegende Konzept zur Spurensicherung helfen.