Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Hoffen auf weiteres Geld aus Brüssel
Thüringen hat seit mehr als eine Milliarde Euro für die Strukturförderung erhalten. Unsichere Zukunft
Erfurt.
Für den weiteren wirtschaftlichen Aufbau Thüringens sind die Fördermittel aus Brüssel auch in den kommenden Jahren dringend notwendig. Davon zeigt sich Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) überzeugt. „Ohne die Europäische Union stünde Deutschland und stünde Thüringen heute nicht so da wie jetzt“, sagte Tiefensee bei der Jahreskonferenz des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (Efre) im Parksaal des Steigerwaldstadions Erfurt.
Natürlich sei der wirtschaftliche Aufbau Thüringens seit der Wiedervereinigung vor allem das Verdienst der Arbeitnehmer und der Unternehmer, die angepackt und geschaffen hätten. Aber eine Basis seien auch die Finanztransfers von West nach Ost und von Brüssel nach Ostdeutschland gewesen.
Allein in der laufenden Förderperiode von 2014 seien bislang 1,165 Milliarden Euro an Efre-Geldern nach Thüringen geflossen, berichtete Tiefensee. Er verwies auf die vielen Schilder an Straßen und Gebäuden, die auf die Brüsseler Förderung verweisen, aber oftmals kaum beachtet werden.
Rund drei Viertel der Gelder seien für konkrete Projekte zugesagt worden, mehr als 1700 neue Vollzeitstellen geschaffen, die Kohlendioxidemissionen in 250 Unternehmen gezielt und spürbar gesenkt worden.
Jetzt komme es darauf an, in Brüssel schnell die Weichen für die künftige Förderung zu stellen, forderte der Minister. Zu vieles sei unklar, es gebe keine Zahlen zum Umfang der Förderung in der nächsten Periode.
Thüringen werde die Schwerpunkte der Mittelvergabe verändern, kündigte Tiefensee an. So bestehe etwa bei dem geplanten Neubau des Uni-Campus in Jena ein enormer Finanzbedarf, daher werde man Gelder dafür umschichten. Auch für die Anschaffung energieeffizienter Straßenbahnen soll es mehr Geld geben, erklärte Tiefensee. Unter dem Strich werde Thüringen aber künftig weniger Fördermittel aus Brüssel erhalten.
Das gilt laut Gisela Hohensee vom Bundeswirtschaftsministerium für ganz Deutschland. Mit einem Minus von gut einem Fünftel falle der Rückgang der Zuweisungen für die Bundesrepublik innerhalb der EU dabei am kräftigsten aus. „Wir werden quasi ein Opfer unserer eigenen guten wirtschaftlichen Entwicklung“, sagte Hohensee.
Nach ihren Worten drängten alle Mitgliedsstaaten auf Veränderungen bei der Fördermittelvergabe. Es gehe um mehr Flexibilität und eine Vereinfachung des Verfahrens. Schwerpunkte der künftigen Förderung würden Innovationen zum Umweltund Klimaschutz werden.
Thüringen hat in den zurückliegenden Jahren überproportional von den Geldern der Europäischen Union profitiert, bestätigte Leo Maier von der Generaldirektion Regionalpolitik der Europäischen Kommission. So flossen nach seinen Angaben seit dem Jahr 2014 Efre-Mittel in einem Umfang von 241 Millionen Euro nach Hessen. Nordrhein-Westfalen bekam im gleichen Zeitraum 247 Millionen Euro aus Brüssel und in Thüringen waren es 1,165 Milliarden Euro, so Maier.
Positiv bewertete der Thüringer Wirtschaftsminister die Ankündigung der EU, dass Thüringen auch weiterhin als sogenannte Übergangsregion eingestuft werde. Damit könne man auf weitere Mittel aus Brüssel hoffen. Allerdings seien die Regularien einer künftigen Kofinanzierung ebenso unbekannt, wie die Regularien. Für zusätzliche Unsicherheit sorge die anhaltende Debatte um den Brexit, erklärte Tiefensee.