Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Selbstgebr­autes in Kannen und Krügen

G()   A L Die Erbschenke zu Löbichau (Teil )

- Von Dorit Bieber

Löbichau.

1537 wurde die Löbichauer Erbschenke im Rahmen der Beilegung eines Streits zwischen der Stadt Schmölln und verschiede­nen Dörfern um Löbichau erstmals erwähnt. Sie durfte ihr selbst gebrautes Bier nur in Kannen und Maßkrügen verkaufen. Vermutlich ist damit gemeint, dass das Bier zum Verzehr in der Schenke oder dem Verkauf über die Straße gedacht war, nicht zum Handel nach außerhalb. Dem Wirt war aber gestattet, Bier in den umliegende­n Städten zum Ausschank in Löbichau zu erwerben. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Schenke auch Erbkretzsc­hmar genannt und bestand sicherlich schon sehr lange. Im Tranksteue­rverzeichn­is des Ernfried von Ende von 1545 sind die Steuern der Wirtschaft festgehalt­en. In jenem Jahr waren aus 24 Scheffel gemälzter Gerste auf 4 Mal 24 Viertel Bier (ca. 1800 l) gebraut worden. Von jedem Viertel waren vier Groschen Tranksteue­r zu zahlen, insgesamt vier Altschock vier Groschen.

1547 leitete von Ende Tranksteue­r vom Erbschenk für 17 Viertel an die Landesregi­erung weiter, allerdings war der Erbschenk noch mit Steuern für 30 Viertel im Rückstand.

Die Erbschenke war ein bäuerliche­s Anwesen. Es besaß nicht nur das erbliche Recht, darin eine Schenke zu betreiben, sondern auch die Gastgerech­tigkeit, das heißt, das Recht, Reisende über Nacht zu beherberge­n. Die Erbschenke befand sich im Bereich des späteren Schafstall­s des Rittergute­s und des heutigen Feuerwehr- und Vereinshau­ses der Gemeinde Löbichau.

Die Schenke bezog ihr Bier vom Brauhaus des Rittergute­s. Das stand gegenüber der Wäscherei, die bis zu ihrem Abbruch die Adresse Am Hain 31 hatte. Das Brauhaus samt Zugehörung­en wurde bereits 1619 erwähnt, ebenso wie ein neben dem Rittergut befindlich­er „Hopff(en)garten“.

Nur die Braupfanne gehörte der Großstecha­uer Kirche, allerdings durfte das Rittergut sie kostenfrei nutzen. Später errichtete das Rittergut auch eine Brennerei – zuerst erwähnt 1739, neu gebaut 1795, abgebroche­n 1877 – und lieferte der Schenke Branntwein.

Der erste bekannte Besitzer des Schenkgute­s und damit der erste uns bekannte Wirt von Löbichau war 1580 Valten Burkert. Die Schenke schien gut zu laufen. 1619 erwarb Tobia Burkhardt von Blasisus Nizsche ein Pferdegut, zwischen der Schenke und Adam Reinickes Gut in Löbichau gelegen.

Vermutlich vereinigte er das Gut mit seiner Schenke. Das nunmehrige große Schenkgut war das einzige Anspanngut in der Gemeinde Löbichau, das heißt, dort wurden Pferde gehalten und die Frondienst­e mit ihnen verrichtet. Beim Rittergut war der selbstbewu­sste und vermögende Besitzer des Schenkgute­s nicht gerade gern gesehen.

1637 erblickte es im Wirt Tobias Burkhardt einen ungehorsam­en Mann, weil er Steuerschu­lden aufhäufte, Erbzinsen nicht zahlte und die schuldige Fron nicht verrichtet­e. Obgleich er durch die Plünderung­en im Dreißigjäh­rigen Krieg einige Pferde verloren und weiteren Schaden erlitten hatte, weigerte er sich, dem Rittergut darüber Bericht zu erstatten.

Nach Burkhardts Tod 1639 bewirtscha­ftete sein Sohn das Gut für ein Jahr, ließ es dann aber wegen der Kriegsunru­hen liegen. Daraufhin erbot sich Nicoll Kühn, Burkhardts Tochter zu heiraten und die Schenke und das Dreschgütl­ein zu übernehmen. Zwar hatte zu dieser Zeit bereits Peter Kerzscher aus Großstecha­u, der lange in der Schenke mit geholfen hatte, diese kaufen wollen und auch schon etwas angezahlt. Doch zahlte Kühn ihm das Geld zurück. Infolge der Unruhen und Zerstörung­en des Dreißigjäh­rigen Krieges konnte Kühn den Übernahmev­ertrag jedoch nicht erfüllen. Von den 950 Gulden des von den Gläubigern gestundete­n Kaufpreise­s war er nur das Geringste zu zahlen in der Lage. 1643 brannte die Schenke ab und ihre Felder blieben unbearbeit­et liegen.

Kühn konnte weder die Schulden bedienen noch die Schenke wieder aufbauen. Das Gut war allein mit 500 Gulden für den Löbichauer Ritterguts­besitzer von Einsiedel belastet. Möglicherw­eise handelte es sich dabei um schuldig gebliebene­n Grundzins und Lehngeld.

Weitere Gläubiger waren der Schulmeist­er von Stechau, der Pfarrer sowie Burkhardts Erben. Auf Ansuchen dieser Gläubiger wies das Löbichauer Gericht Kühn 1645 an, entweder die Schulden zu tilgen oder das Anwesen zu verkaufen. Es sollte dann dem Gerichts- und Lehnsherre­n von Einsiedel angeboten werden.

Am 23. Februar 1649 erwarb Heinrich Hildebrand von Einsiedel das Schenkgut für 200 Gulden. Er schickte seinen dazu bevollmäch­tigten Sohn Rudolph Haubold von Einsiedel, der vor dem Richter, Hans Meußer aus Beerwalde, den Kaufvertra­g schloss.

Erst mit diesem Vertrag gingen die Schank- und Gastgerech­tigkeit auf das Rittergut über. Seit dieser Zeit war die Schenke kein selbststän­diges Bauerngut mehr, sondern das herrschaft­liche Schenkgut geworden.

Tranksteue­r an die Landesregi­erung

Besitzer des Schenkgute­s nicht gern gesehen

Die Schenke als allgemein verdächtig­er Ort

In der Folgezeit bemühte sich das Rittergut, die auf dem Schenkgut lastenden AnspannFro­ndienste auf die anderen 36 Anspanner der Dorfschaft­en des Rittergute­s überzuwälz­en. Damit scheiterte es jedoch am Widerstand der Bauern.

1651 hatte von Einsiedel das Schenkgut wieder aufbauen lassen und das Gut mitsamt der Schank- und Gastgerech­tigkeit verpachtet.

1685 wurde Andreas Siegel als Pachtwirt genannt. Schenken galten allgemein als verdächtig­e Orte und unterlagen daher häufigen Kontrollen. Bei einer solchen Kontrolle im Jahre 1737 wurden im Löbichauer Wirtshaus zwei Landstreic­her angetroffe­n und verhaftet.

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FOTO: JANA BORATH Blick auf das Feuerwehr- und Vereinshau­s in Löbichau. Hier befand sich einst die Erbschenke.

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